Wie zwischenmenschliche Umgangsformen auf die Seele wirken

 

Für die seelische Balance ist ein stabiles soziales Netzwerk unerlässlich. Damit dieses jedoch erhalten bleibt, erfordert es neben anhaltender Pflege auch die richtigen Umgangsformen.

Ein respektvoller Umgang miteinander sowie wertschätzende Kommunikation sind das A und O gelungener zwischenmenschlicher Beziehungen. Doch nicht immer gestalten sich Konversationen so einfach, nicht immer bewahrt man in regen Diskussionen und Streitsituationen die Fassung und nicht immer können Missverständnisse vermieden werden, weswegen Konflikte unvermeidlich sind. Doch wie können wir an unserer Kommunikationsfähigkeit arbeiten, um dem vorzubeugen?

Soziale Beziehungen für psychische Gesundheit

Denn das soziale Netzwerk und unsere Mitmenschen sind immens wichtig für unsere seelische Gesundheit: Zunächst stärken unsere sozialen Beziehungen unsere psychische Widerstandsfähigkeit, die Resilienz.1 Viele Studien zeigen auf, dass „der Hauptfaktor für Resilienz darin besteht, fürsorgliche und unterstützende Beziehungen innerhalb und außerhalb der Familie zu haben“2, erklärt die US-Resilienzforscherin Jill Suttie. Und je stärker unsere Widerstandsfähigkeit ausgeprägt ist, desto besser gehen wir mit Problemstellungen bis hin zu Rückschlägen und psychischen Krisen um.3

Auch Stress lässt sich minimieren, wenn man in ein soziales Netzwerk eingebettet und fest darin verankert ist. Nicht nur körperliche Stresssymptome lassen sich durch unsere Mitmenschen regulieren – zwei Langzeitstudien belegen, dass Menschen, die ein stabiles, wertschätzendes soziales Umfeld haben, glücklicher und vor allem gesünder sind. Denn aufgezeigt werden konnte durch Untersuchungen: Wer über positive Beziehungen verfügt, leidet weniger häufig an Depressionen.4

Die Macht des Wortes

Damit soziale Beziehungen dauerhaft bestehen bleiben, spielt nicht nur der Faktor Zeit eine Rolle, sondern auch die Kommunikation untereinander. Werden Konversationen auf Basis von Wertschätzung, positiven und ermutigenden Worten geführt, erzeugt dies Gefühle des Vertrauens genauso wie der Sicherheit und des Wohlbefindens. In weiterer Folge fördert dieser achtsame Umgang miteinander eine Steigerung und Aufrechterhaltung der seelischen Gesundheit.5 Empirisch belegt ist nämlich, dass Lob und Anerkennung ähnliche Effekte auf das Gehirn haben wie der Drogenkonsum, da Glückshormone wie Dopamin oder das sogenannte ‚Kuschelhormon‘ Oxytocin vermehrt ausgeschüttet werden, was wiederum das psychische Wohlbefinden steigert.6

Begegnet man dem Gegenüber stattdessen mit mangelndem Respekt und fehlender Wertschätzung, beeinflusst dies dessen Selbstwertgefühl sowie die Selbstwirksamkeit – mit Folgen für die psychische Gesundheit: Das Risiko, eine Depression zu entwickeln, unter Versagensängsten zu leiden oder zu verbittern, steigt.7 Umso wichtiger ist es, passende Worte im Umgang mit anderen zu finden.

Missverständnissen vorbeugen

Aber auch hierbei lauern Stolpersteine, denn nicht selten entstehen in der zwischenmenschlichen Kommunikation Missverständnisse, die sich kaum vermeiden lassen. Wir können nämlich unsere Gedanken auf 4 verschiedene Arten verbalisieren bzw. Metabotschaften wie folgt vermitteln:8

  • Sachliche Aussagen – wir geben Informationen und Fakten weiter
  • Beziehungsaussagen – wir nehmen eine Wertung vor
  • Selbstaussage – wir offenbaren etwas über uns selbst
  • Appell – wir möchten mit einer Aussage etwas beim Gegenüber erreichen

Treffen wir eine Aussage beispielsweise auf der Appell-Ebene, aber fasst dies das Gegenüber auf der Beziehungsebene auf, reden wir schnell aneinander vorbei, wodurch noch größere Missverständnisse entstehen, die in einem Streit enden können. Deswegen ist es umso wichtiger, die eigenen Gedanken und Befindlichkeiten klar zu kommunizieren und dabei die Angst abzulegen, dass dies negativ auf unsere Mitmenschen wirken kann. Des Weiteren sollte im Zweifelsfall immer nachgefragt werden, ob das Gesagte richtig verstanden wurde. So bleibt kein Platz für Interpretationsspielraum dahin gehend, welche dieser Metabotschaften tatsächlich zum Tragen kommt. Und nicht zuletzt sollten Gespräche über mögliche Missverständnisse geführt werden, um dem auf den Grund zu gehen, warum das Gesagte auf bestimmte Art und Weise verstanden wurde.9

Wertschätzende Kommunikation

Daneben sollten noch weitere Regeln im Hinblick auf ein respektvolles Miteinander bzw. eine wertschätzende Kommunikation berücksichtigt werden:10

  • Aufmerksam zuzuhören und sich auf die*den Gesprächspartner*in zu konzentrieren, sind während einer Unterhaltung unabdingbar. Blickkontakt zu suchen, eine offene und entspannte Körperhaltung zu präsentieren sowie die Mimik zu kontrollieren, gehören deswegen zu den wichtigsten Aspekten.
  • Dem Gegenüber sollte man immer offenes Interesse entgegenbringen. Unangebrachte Gefühle wie Langeweile zu vermitteln, widerspricht einem wertschätzenden Umgang.
  • Ebenso zu vermeiden sind allzu lange Monologe. Ein Ausgleich zwischen dem aktiven und passiven Part (reden und zuhören) muss gegeben sein.
  • Während eines Gesprächs auf das Handy zu schauen, wird als unhöflich und respektlos empfunden. Deswegen gilt es, das Mobiltelefon beispielsweise in der Tasche zu verstauen.

Auch in Streitsituationen darf ein wertschätzender Umgang mit anderen nicht vernachlässigt werden. Befindet man sich inmitten einer regen Diskussion und ist man anderer Meinung als das Gegenüber, müssen dessen Ansichten dennoch respektiert werden. Von den eigenen Auffassungen überzeugen zu wollen, darf nicht im Vordergrund stehen. Ein möglichst ruhiger und sachlicher Austausch ist dabei ebenso unabdingbar wie das Vermeiden von Beleidigungen. Und hat man die Regeln der guten Kommunikation in Streitsituationen doch einmal missachtet, so sollte man eine aufrichtige Entschuldigung aussprechen.11

Nicht zuletzt bringt man Wertschätzung und Respekt anderen Personen gegenüber auch durch bestimmte Handlungen und Taten zum Ausdruck, insbesondere im Freundes- oder Familienkreis bzw. in Partnerschaften:12

  • Wenn man sich uns beispielsweise mit einem Problem anvertraut, müssen wir uns ausreichend Zeit nehmen, um darüber zu sprechen bzw. um zuzuhören.
  • Auch die Planung gemeinsamer Unternehmungen oder Aktivitäten suggeriert Wertschätzung.
  • Freuen sich Mitmenschen über bestimmte Ereignisse oder Erfolge, dann sollten wir uns mit ihnen freuen anstatt mit Neid oder Missgunst zu reagieren, weil ebendieses Glück bei uns selbst gerade ausbleibt.
  • Auch im Bereich der digitalen Kommunikation muss auf einen höflichen, respektvollen Umgang mit anderen geachtet werden. Beispielsweise sollten Textnachrichten nicht zu lange unbeantwortet bleiben bzw. sollte man darüber informieren, dass man sich zu einem geeigneteren Zeitpunkt melden wird.

Gemäß den Ausführungen ist ein wertschätzender Umgang in zwischenmenschlichen Situationen unerlässlich, um das soziale Netzwerk langfristig zu stärken und aufrechtzuerhalten. Denn Respekt und Höflichkeit sowie Empathie und Anteilnahme suggerieren nicht nur Interesse an der anderen Person, sondern unterstützen beiderseits nachweislich auch dabei, das seelische Wohlbefinden zu stärken und zu bewahren.

 


1 Vgl. AMM – Akademie für menschliche Medizin: Zwischenmenschliche Fähigkeiten und Gemeinschaft fördern. In: spitzen-praevention.com.
URL: https://spitzen-praevention.com/mentale-gesundheit-psyche/wissen/zwischenmenschliche-faehigkeiten-und-gemeinschaft-foerdern/ [Stand: 11.06.2024].

2 AMM – Akademie für menschliche Medizin: Zwischenmenschliche Fähigkeiten und Gemeinschaft fördern.
URL: https://spitzen-praevention.com/mentale-gesundheit-psyche/wissen/zwischenmenschliche-faehigkeiten-und-gemeinschaft-foerdern/ [Stand: 11.06.2024].

3 Vgl. Krol, Beate: Resilienz. In: planet-wissen.de. Veröffentlicht am 27.02.2020.
URL: https://www.planet-wissen.de/gesellschaft/psychologie/resilienz/index.html [Stand: 12.06.2024].

4 Vgl. AMM – Akademie für menschliche Medizin: Zwischenmenschliche Fähigkeiten und Gemeinschaft fördern.
URL: https://spitzen-praevention.com/mentale-gesundheit-psyche/wissen/zwischenmenschliche-faehigkeiten-und-gemeinschaft-foerdern/ [Stand: 11.06.2024].

5 Vgl. Bock, Lotte / Rana, Madiha: Worte formen Welten: Über psychische Gesundheit sprechen. In: wirtschaftspsychologie-aktuell.de. Veröffentlicht am 20.03.2024.
URL: https://wirtschaftspsychologie-aktuell.de/magazin/personal/worte-formen-welten-ueber-psychische-gesundheit-sprechen [Stand: 11.06.2024].

6 Vgl. Belke, Julia: Wertschätzung ist Balsam für die Seele. In: juliabelke.at.
URL: https://juliabelke.at/wertschaetzung-ist-balsam-fuer-die-seele/ [Stand: 11.06.2024].

7 Vgl. Belke, Julia: Wertschätzung ist Balsam für die Seele.
URL: https://juliabelke.at/wertschaetzung-ist-balsam-fuer-die-seele/ [Stand: 11.06.2024].

8 Vgl. Weiss, Bertram / Simon, Klaus Peter: Wie das Miteinander-Reden besser gelingt: Schulz von Thun über die Kunst der Kommunikation. In: geo.de.
URL: https://www.geo.de/magazine/geo-wissen/16298-rtkl-konflikte-wie-das-miteinander-reden-besser-gelingt-schulz-von-thun [Stand: 11.06.2024].

9 Vgl. Eckert, Till: Wie man Missverständnissen vorbeugt. In: zeit.de. Veröffentlicht am 10.02.2017.
URL: https://www.zeit.de/zett/2017-02/wie-man-missverstaendnissen-vorbeugt [Stand: 11.06.2024].

10 Vgl. Fayngold, Marta: Wertschätzender Umgang: 7 Tipps für mehr Respekt für Sie und Ihre Mitmenschen. In: praxistipps.focus.de. Veröffentlicht am 19.10.2021.
URL: https://praxistipps.focus.de/wertschaetzender-umgang-7-tipps-fuer-mehr-respekt-fuer-sie-und-ihre-mitmenschen_137942 [Stand: 11.06.2024].

11 Vgl. Fayngold, Marta: Wertschätzender Umgang: 7 Tipps für mehr Respekt für Sie und Ihre Mitmenschen.
URL: https://praxistipps.focus.de/wertschaetzender-umgang-7-tipps-fuer-mehr-respekt-fuer-sie-und-ihre-mitmenschen_137942 [Stand: 11.06.2024].

12 Vgl. Fayngold, Marta: Wertschätzender Umgang: 7 Tipps für mehr Respekt für Sie und Ihre Mitmenschen.
URL: https://praxistipps.focus.de/wertschaetzender-umgang-7-tipps-fuer-mehr-respekt-fuer-sie-und-ihre-mitmenschen_137942 [Stand: 11.06.2024].

Bildhinweis: Adobe Stock

Veröffentlicht am: 19.06.2024