Silvester 2.0(20/21) – Neujahrsfest im Zeichen des Physical Distancing

 

Wie werden wir heuer ins neue Jahr starten? Denn gewiss ist, dass große Feierlichkeiten aufgrund der Corona-Schutzmaßnahmen ausfallen. Im kleinen Kreis kann dennoch ein großes Fest gefeiert werden – mit neuen Mitteln und Wegen der Kommunikation.

Physical Distancing – mittlerweile handelt es sich hierbei um eine relativ unliebsame Terminologie, welche besagt, dass der Körperkontakt zu anderen Personen vermieden werden soll bzw. muss, um das Corona-Virus einzudämmen. Wahrlich eine effektive Methode, um dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen, aber gleichzeitig auch sehr schwer einzuhalten vor allem in Anbetracht des morgigen Jahreswechsels.

Für viele ist dieser ein Grund, zu feiern, denn 2020 war gemessen an einer globalen Gesundheitskrise mit enormen Herausforderungen neben den alltäglichen Hürden nur schwer zu meistern. Umso größer ist nun die Freude darüber, das heurige Schaltjahr – Schaltjahre gehen im Aberglauben immer mit Katastrophen einher –1 abschließen und in ein besseres 2021 starten zu können. Deswegen wünschen sich viele gerade jetzt, Silvester mit der Familie, Freund*innen und Bekannten verbringen zu können. Aber – wie bereits erwähnt – das ist nicht im herkömmlichen Sinne möglich, sehr wohl jedoch mit Hilfsmitteln des digitalen Zeitalters.

Und heute verfügt der Großteil auch über die entsprechenden technischen Voraussetzungen, um online zu kommunizieren.

Noch vor wenigen Jahrzehnten wäre es unvorstellbar gewesen, über ein kleines Gerät die Gesichter der Liebsten zu sehen, und das zu jeder Tageszeit und zu preisgünstigen Konditionen. Was vor etwa 20 Jahren noch utopisch war, ist heute für viele nicht mehr zu entbehren. Und die große Mehrheit der Österreicher*innen verfügt auch über die notwendigen mobilen Kommunikationsmittel: Gemäß statistischer Erhebungen aus dem Jahr 2017 besitzen 75 bis 85 % der Bevölkerung ein Smartphone,2 mit welchem sie tagesaktuelle Informationen einholen, Recherche betreiben, online einkaufen und sich über soziale Netzwerke austauschen. Das Telefonieren und die Nutzung des Short Message Service (kurz SMS) scheinen angesichts der Möglichkeiten neuer Kommunikationsformen mittels Smartphone, in weiterer Folge auch Tablet oder Laptop, bereits veraltet – der Austausch findet nun über Video-Telefonie und über diverse Apps zum Versenden digitaler Nachrichten statt.

Damit haben analoge Kommunikationsformen zunehmend an Bedeutung verloren.

Natürlich ist die Nachrichtenübertragung mittels Brieftauben vielen nicht mehr geläufig, obwohl diese vor der revolutionären Erfindung Handy/Internet stets zum Einsatz kamen. Aber auch andere Kommunikationswege wie das Schreiben und Versenden von Briefen oder Faxen von Dokumenten scheinen in der heutigen Zeit bereits sehr umständlich, kann man doch mit einem Gerät alles zugleich ausführen. Und eben jenes Gerät, das Smartphone, Tablet oder der Laptop/PC, ermöglicht auch die Erreichbarkeit rund um die Uhr, sodass der kommunikative Austausch überall und jederzeit ohne Einschränkung und Überwindung von Grenzen stattfinden kann. Und obwohl diese Technologien hinsichtlich der anstehenden Silvesterfeierlichkeiten den persönlichen und körperlichen Kontakt zu unseren Vertrauten nicht ersetzen können, so ermöglichen sie zumindest eine digitale Face-to-Face-Interaktion, die vielen die in diesem Jahr öfter ausgesprochenen Ausgangssperren zumindest erträglich gemacht haben.

Und auch Feiern und Festivitäten wurden in die digitale Welt verlagert.

Neben der Video-Telefonie haben diverse Apps nämlich Hochkonjunktur, die es ermöglichen, einander zumindest über Bildschirme nahe zu sein. Und der Freundschaftsforscher Dr. Janosch Schobin, tätig an der Universität Kassel im Fachbereich Gesellschaftswissenschaften, misst der digitalen Kommunikation auch eine große Bedeutung bei: Freundschaften stehen unter dem Zwang, öffentlich gezeigt zu werden.3 Durch die Corona-Krise verlagerte sich diese ins Private und hilft dabei, uns emotional zu stabilisieren sowie Informationen über uns selbst mitzuteilen, was auch von großer Notwendigkeit ist, um unseren Vertrauten zu versichern, dass es uns gutgeht.4 Und damit steigt wieder das Bedürfnis, sich anderen nicht nur via Emoticons mitzuteilen, sondern Gefühle und Gedanken sprachlich auch wieder zum Ausdruck bringen zu wollen.5

Vom kommunikativen digitalen Minimalismus hin zum emotionalen Austausch im virtuellen Raum.

Dieses wiedergewonnene Kommunikationsbedürfnis abseits von einer Sprache in Zeichen zum Ausdruck von Gefühlen wird nun auch zum Jahreswechsel dazu führen, mit den Liebsten Glückwünsche via Video-Chat von Angesicht zu Angesicht auszutauschen anstatt Feuerwerks-, Kleeblatt- oder Schweinchen-Emoticons zu versenden. Obwohl viele die heuer fehlenden Feierlichkeiten bedauern, ermöglichen es uns Geräte mit Internetzugang dennoch, unseren Vertrauten nahe zu sein. Und mit zahlreichen Apps, bei welchen mehrere Personen miteinander via Video-Chat telefonieren können, ist es auch möglich, diesen Tag zu zelebrieren und zumindest über Bildschirme mit ihnen verknüpft zu sein.

Auch wenn diese Art der Kommunikation – dem Physical Distancing angemessen – für eine Festivität wie den Start ins neue Jahr nicht angemessen scheint – zumindest besteht auf diese Art und Weise die Möglichkeit, dennoch gemeinsam Silvester zu feiern und damit auch vom kleinen feierlichen Rahmen in den virtuellen Partyraum zu gelangen. Obwohl dabei zwar der Körperkontakt – ein in uns innewohnendes Bedürfnis, welches durch dessen Erfüllung maßgeblich zur psychischen Gesundheit beiträgt – nicht gegeben sein wird, so eröffnet uns eine Online-Silvesterparty mit den Liebsten zumindest einen direkten Dialog und kommunikativen Austausch, wodurch gemeinsam das alte Jahr abgeschlossen und gesund ins neue gestartet werden kann.

Das Team von pro mente steiermark wünscht Ihnen einen angenehmen Jahreswechsel sowie
ein gutes und gesundes Jahr 2021!

 


1 Vgl. Drope, Paula: Schaltjahr: Steht uns ein „Katastrophenjahr“ bevor? In: MDR AKTUELL. Veröffentlicht am: 29.12.2019.
URL: https://www.mdr.de/nachrichten/panorama/aberglaube-schaltjahr-unglueck-katastrophe-100.html [Stand: 17.12.2020].

2 Vgl. Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort: Digital-Dossier Österreich. Bestandsaufnahme zur Digitalisierung in Wirtschaft und Gesellschaft. Herausgeber: Initiative D21 e. V. Veröffentlicht im November 2018.

3 Vgl. Blum, Pascal/Hiltmann, Aleksandra: Wenn die Geburtstagsparty im Videochat stattfindet. In: Tages-Anzeiger. Aktualisiert am 25.03.2020.
URL: https://www.tagesanzeiger.ch/wenn-die-geburtstagsparty-im-videochat-stattfindet-200146729121 [Stand: 17.12.2020].

4 Vgl. Blum, Pascal/Hiltmann, Aleksandra: Wenn die Geburtstagsparty im Videochat stattfindet.
URL: https://www.tagesanzeiger.ch/wenn-die-geburtstagsparty-im-videochat-stattfindet-200146729121 [Stand: 17.12.2020].

5 Vgl. Blum, Pascal/Hiltmann, Aleksandra: Wenn die Geburtstagsparty im Videochat stattfindet.
URL: https://www.tagesanzeiger.ch/wenn-die-geburtstagsparty-im-videochat-stattfindet-200146729121 [Stand: 17.12.2020].

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Veröffentlicht am: 30.12.2020