Naschen erlaubt?

 

Der Schokolade werden immer wieder gesundheitswirksame Effekte auch die Psyche betreffend nachgesagt, aber darf die Süßigkeit deswegen sogleich bedenkenlos und uneingeschränkt verzehrt werden?

Kaum eine Person kann einem Stück von einer zart schmelzenden Schokolade widerstehen. Ob süße weiße Schokolade, cremige Milchschokolade, Zartbitter- oder Bitterschokolade – beim genussvollen Verzehr spüren wir beinahe die Glücksgefühle, die uns erfassen. Und das wird der Schokolade auch nachgesagt, nämlich dass sie glücklich macht, sogar positiven Einfluss auf den Organismus und auf das seelische Wohlbefinden nimmt und deswegen nicht unbedingt ungesund ist.

Schokolade für die Psyche

Damit ist nicht verwunderlich, dass die Wirkung von Schokolade auf den Menschen bereits mehrfach Gegenstand empirischer Untersuchungen war. Im Fokus stand dabei stets die Frage, ob Schokolade Depressionen auslöst oder sie verhindern kann. Zumindest hat man in einer Studie aus dem Jahr 2010 festgestellt, dass depressive Menschen einen erhöhten Schokoladenkonsum hätten, was die Frage aufgeworfen hat, ob dadurch die Krankheit erst verursacht werde oder ob Schokolade bei der Bekämpfung der Symptome unterstützen bzw. die Erkrankung verhindern könne.1 Im Jahr 2019 präsentierte eine weitere groß angelegte Studie mit mehr als 13.000 Proband*innen dann ein für Schokoliebhaber*innen erfreuliches Ergebnis: Personen, die regelmäßig Bitterschokolade verzehrten, wiesen eine um 70 % geringere Wahrscheinlichkeit für depressive Symptome auf als all jene, die angaben, niemals Schokolade zu essen.2 Der deutsche Ernährungsmediziner Johannes Georg Wechsler schlussfolgert daraus: „Schokolade generell zu verbieten, tut der Psyche gar nicht gut“3.

Von hell bis dunkel

Unterschieden werden muss jedoch hinsichtlich der diversen Schokosorten: Die weiße Schokolade weist nämlich keinen Kakao auf, besteht lediglich aus Kakaobutter und enthält mehr Zucker als Milch- oder Bitterschokolade. Weil Schokoladen gemäß der Schokoladenverordnung4 mindestens 35 % Kakao enthalten müssen, um als solche bezeichnet werden zu dürfen, gilt die weiße Schokolade demnach auch nicht als Schokolade.5 Die Milchschokolade weist hingegen einen höheren Kakaoanteil (bis zu 45 %) auf und neben Zucker zusätzlich Milchbestandteile (Milchfett), die dafür sorgen, dass die Schokolade schneller schmilzt. Die Bitterschokolade mit einem Kakaoanteil von mindestens 70 % enthält weniger Zucker als die Milchschokolade, dafür extra Kakaobutter, weswegen sie ähnlich viele Kalorien wie die Milchschokolade aufweist.6

Dunkle Sorten bevorzugen

Hinsichtlich der Antwort auf die Frage, welche Schokoladensorte die größte positive Gesundheitswirkung mit sich bringt, sind sich Forscher*innen (nicht zuletzt aufgrund von Studien wie der eben erwähnten Untersuchung aus dem Jahr 2019) einig: „Unter dem reinen Gesundheitsaspekt betrachtet, sollte man […] dunklere Schokolade den helleren vorziehen“7, erklärt Wechsler. Um in Erfahrung zu bringen, was dabei wirklich positiv auf Körper und Seele wirkt, wurde deswegen vor allem der Kakao genauer unter die Lupe genommen: Mineralstoffe wie Eisen, Kalzium und Magnesium sowie Vitamin D, E, B1, B2 und Niacin sind im Kakao reichlich enthalten,8 außerdem finden sich in der Bohne psychoaktive Substanzen, die euphorische Gefühle hervorrufen können, sowie der Stoff Phenylethylamin, den der Körper in besonders hohen Maßen produziert, wenn wir verliebt sind.9

Superfood Kakao

Im Kakao sind außerdem sogenannte Flavonoide zu finden, die eine antioxidative und entzündungshemmende Wirkung haben. Sie schützen die Zellen vor freien Radikalen und verlangsamen die Zelloxidation, vermindern außerdem Fettablagerungen in den Blutgefäßen und schützen so vor Arterienverkalkung und Herzinfarkt.10

Das im Kakao enthaltene Koffein sowie Theobromin haben zudem eine anregende Wirkung auf das Nervensystem, da Blutgefäße erweitert werden – man fühlt sich wacher und fröhlicher. Nicht zuletzt weisen Kakaobohnen die essenzielle Aminosäure Tryptophan auf, die zum ‚Glückshormon‘ Serotonin umgewandelt wird.11

All diese Stoffe, die den Kakao zum wahren Superfood machen, sind jedoch im Endprodukt Schokolade nicht in ausreichenden Mengen vorhanden, um die gesundheitswirksamen Vorteile von Schokolade damit erklären zu können. Was jedoch Untersuchungen zur dunklen Schokolade zeigen – sie „lässt den Blutzuckerspiegel langsamer steigen und stillt das Appetitgefühl schneller. So führt sie weder zum Kontrollverlust noch zu Heißhungerattacken“12, erklärt Wechsler. Aus diesem Grund sollte auf die Nascherei keinesfalls verzichtet werden: „Täglich zwanzig Gramm dunkle Schokolade mit 70, 80 oder 90 Prozent – auch mit Nüssen – sind heute im Diätplan durchaus Standardempfehlungen“13. Und weil sie weniger Zucker als die helleren Varianten enthält, gilt sie (in Maßen verzehrt) als bevorzugte, ja sogar gesunde Nascherei: „Dadurch – da ist die Studienlage eindeutig – ist das Risiko für Schlaganfälle und Herzinfarkte geringer; sie kann auch erhöhte Cholesterinwerte senken“14, sagt Wechsler.

Glückselige Kindheitserinnerungen

Für den Körper ausreichend gesunde Stoffe, für die Psyche zu wenige – warum macht Schokolade dann aber glücklich und „ist ein regelrechtes Wohlfühlessen“15, wie die deutsche Ernährungsberaterin Ingrid Acker anführt? Hinter dem Glücksgefühl, welches beim Verzehr von Schokolade entsteht, vermuten Forscher*innen etwas ganz anderes: „Man isst sie und denkt dabei mehr oder weniger bewusst an gute, alte Zeiten, etwa an eine schöne Situation in der Kindheit“16, sagt Acker. Beim Schokogenuss denken wir also an glückliche Feste, bei welchen es reichlich Schokolade gab – zum Beispiel zu Ostern oder Weihnachten –, aber auch an Situationen, in welchen die Süßigkeit Trost gespendet hat. Und nicht zuletzt galt Schokolade in der Kindheit häufig als Belohnung, weswegen positive Gefühle mit dem Schokoladengenuss einhergehen. Auch im Erwachsenenalter bringen wir mit Schokolade den Aspekt der Belohnung in Verbindung: Durch das Fett und den Zucker wird nämlich das dopaminerge System – das Belohnungszentrum im Gehirn – aktiviert, wodurch es zu einer Ausschüttung des Glückshormons Dopamin kommt.17

Zusammenfassend – Schokolade macht also wirklich glücklich, auch wenn dies nicht auf ihre Inhaltsstoffe zurückzuführen ist. Und doch bringt sie – insbesondere die dunkle Schokolade – für Körper und Seele wohltuende Eigenschaften mit sich. Vergessen werden darf jedoch trotzdem nicht, dass es sich nach wie vor um eine Süßigkeit handelt, deren Überkonsum – wie bei vielen zucker- und fetthaltigen Lebensmitteln – zu Übergewicht und in weiterer Folge zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen führt.18 Im Fall von Schokolade gilt jedoch: Naschen in Maßen erlaubt und erwünscht!

 


1 Vgl. Rehberg, Carina: Nur diese Schokolade hilft gegen Depressionen. In: zentrum-der-gesundheit.de. Aktualisiert am 15.05.2023.
URL: https://www.zentrum-der-gesundheit.de/ernaehrung/lebensmittel/schokolade/dunkle-schokolade-stimmung-190805085 [14.03.2024].

2 Vgl. kurier.at / pama: Neue Studie: Diese Schokolade hilft gegen Depressionen. In: kurier.at. Veröffentlicht am 05.08.2019.
URL: https://kurier.at/gesund/grossangelegte-studie-diese-schokolade-hilft-gegen-depressionen/400569989 [Stand: 14.03.2024].

3 Stiftung Warentest: Interview: „Dunkle Schokolade ist die gesündere Wahl“. In: test.de. Veröffentlicht am 02.12.2020.
URL: https://www.test.de/Dunkle-Schokolade-im-Test-1602155-1603859/ [Stand: 14.03.2024].

4 Vgl. Rechtsinformationssystem des Bundes: Bundesrecht konsolidiert: Gesamte Rechtsvorschrift für Schokoladenverordnung, Fassung vom 14.03.2024. In: ris.bka.bv.at.
URL: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20003127 [Stand: 14.03.2024].

5 Vgl. Tscharke, Georgia: Schokolade – älter und gesünder als gedacht. In: br.de. Veröffentlicht am 07.07.2021.
URL: https://www.br.de/nachrichten/wissen/schokolade-aelter-und-gesuender-als-gedacht,RA2x1be [Stand: 14.03.2024] und
Verein Open Science: Macht Schokolade wirklich glücklich? In: derstandard.at. Veröffentlicht am 17.04.2019.
URL: https://www.derstandard.at/story/2000101222229/macht-schokolade-wirklich-gluecklich [Stand: 14.03.2024].

6 Vgl. Schütze, Sabine: Dunkle Schokolade – süße Sünde und Superfood in einem? In: swrfernsehen.de. Veröffentlicht am 12.12.2023.
URL: https://www.swrfernsehen.de/marktcheck/sabine-isst/gesunde-dunkle-schokolade-kakao-102.html [Stand: 14.03.2024].

7 RND / dpa: Futter für die Seele: So gut tut uns Schokolade wirklich. In: rnd.de. Veröffentlicht am 13.05.2020.
URL: https://www.rnd.de/wissen/schokolade-wie-gut-tut-sie-uns-wirklich-FHZ3TRNXST7EJ75LADLINDSQEU.html [Stand: 14.03.2024].

8 Vgl. Tscharke, Georgia: Schokolade – älter und gesünder als gedacht.
URL: https://www.br.de/nachrichten/wissen/schokolade-aelter-und-gesuender-als-gedacht,RA2x1be [Stand: 14.03.2024].

9 Vgl. Rehberg, Carina: Nur diese Schokolade hilft gegen Depressionen.
URL: https://www.zentrum-der-gesundheit.de/ernaehrung/lebensmittel/schokolade/dunkle-schokolade-stimmung-190805085 [14.03.2024].

10 Vgl. Tscharke, Georgia: Schokolade – älter und gesünder als gedacht.
URL: https://www.br.de/nachrichten/wissen/schokolade-aelter-und-gesuender-als-gedacht,RA2x1be [Stand: 14.03.2024].

11 Vgl. Verein Open Science: Macht Schokolade wirklich glücklich?
URL: https://www.derstandard.at/story/2000101222229/macht-schokolade-wirklich-gluecklich [Stand: 14.03.2024].

12 Stiftung Warentest: Interview: „Dunkle Schokolade ist die gesündere Wahl“.
URL: https://www.test.de/Dunkle-Schokolade-im-Test-1602155-1603859/ [Stand: 14.03.2024].

13 Stiftung Warentest: Interview: „Dunkle Schokolade ist die gesündere Wahl“.
URL: https://www.test.de/Dunkle-Schokolade-im-Test-1602155-1603859/ [Stand: 14.03.2024].

14 Stiftung Warentest: Interview: „Dunkle Schokolade ist die gesündere Wahl“.
URL: https://www.test.de/Dunkle-Schokolade-im-Test-1602155-1603859/ [Stand: 14.03.2024].

15 dpa / tmn: Was Schokolade im Körper auslöst. In: sueddeutsche.de. Veröffentlicht am 13.05.2020.
URL: https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/gesundheit-was-schokolade-im-koerper-ausloest-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-200512-99-32718 [Stand: 14.03.2024].

16 dpa / tmn: Was Schokolade im Körper auslöst.
URL: https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/gesundheit-was-schokolade-im-koerper-ausloest-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-200512-99-32718 [Stand: 14.03.2024].

17 Vgl. Oberberg: Dopamin – Wirkung des Glückshormons. In: oberbergkliniken.de.
URL: https://www.oberbergkliniken.de/artikel/dopamin#:~:text=Dopamin%20fungiert%20als%20Neurotransmitter%2C%20das,es%20Einfluss%20auf%20unsere%20Entscheidungen. [Stand: 14.03.2024],
vgl. Verein Open Science: Macht Schokolade wirklich glücklich?
URL: https://www.derstandard.at/story/2000101222229/macht-schokolade-wirklich-gluecklich [Stand: 14.03.2024] und
vgl. APA / red.: Wer Süßigkeiten liebt, hat sein Gehirn darauf programmiert. In: derstandard.at. Veröffentlicht am 22.03.2023.
URL: https://www.derstandard.at/story/2000144767309/wer-suessigkeiten-liebt-hat-sein-gehirn-darauf-programmiert [Stand: 14.03.2024].

18 Vgl. Schütze, Sabine: Dunkle Schokolade – süße Sünde und Superfood in einem?
URL: https://www.swrfernsehen.de/marktcheck/sabine-isst/gesunde-dunkle-schokolade-kakao-102.html [Stand: 14.03.2024].

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Veröffentlicht am: 15.05.2024