Lust auf was Süßes?
Häufig ist es der Gusto auf Schokolade oder auf einen salzigen Snack, der uns plötzlich übermannt und gestillt werden möchte. Aber warum entstehen Heißhungergefühle vor allem auf ungesunde Nahrungsmittel und wie können wir sie unterbinden?
Wir alle sind nicht immer davor gefeit, aus einem plötzlichen, starken Bedürfnis heraus zu kalorienreichen Lebensmitteln wie Schokolade oder salzigen Knabbereien zu greifen. Und wenn uns eine Heißhungerattacke überfällt, dann darf auch nichts zwischen uns und dem Lebensmittel stehen, auf welches wir gerade unbändig große Lust haben. Doch wie entsteht Heißhunger und mit welchen Methoden können wir dieses oftmals ungesunde Essbedürfnis wirkungsvoll bekämpfen?
Essen … aber sofort!
Im Generellen werden Hunger- und Sättigungsgefühle vornehmlich durch Nervenzellen im Gehirn gesteuert und von diversen Nervenbotenstoffen und Hormonen, vom vegetativen Nervensystem, von Leber- und Darmaktivitäten sowie vom Blutzuckerspiegel beeinflusst. Dabei gilt: Fehlt es dem Körper an Energie, dann verspüren wir Hunger.1 Aber warum verlangt es uns dann häufig ausgerechnet nach Schokolade? „Süß ist einfach der empfindlichste Marker dafür, dass unsere Energiereserven leer sind“2, sagt die Berliner Ernährungsmedizinerin Ute Gola. Und dieser Umstand hängt eben mit unserem Gehirn zusammen: Dieses benötigt viel Energie in Form von Zucker (Glukose), um reibungslose innerphysische Prozesse gewährleisten zu können.3 „Und süß ist einfach die Form von Makronährstoffen, die am einfachsten vom Körper aufgenommen wird und die sofort ins Blut geht“4, wie Gola erklärt. Demnach steckt hinter einer Heißhungerattacke vor allem das Verlangen des Gehirns nach Energie.
Stressbedingter Heißhunger
In vielen Fällen löst Stress Heißhunger aus und diesbezüglich stellt die plötzliche Esslust sogar eine wünschenswerte Reaktion des Körpers dar: Energie wird in angespannten Situationen für eine schnellere Reaktions- und Konzentrationsfähigkeit mobilisiert, während die Hormone Adrenalin und Cortisol ausgeschüttet werden. Weil Letzteres auch unser Essverhalten beeinflusst, kann somit Stress zu einem verstärkten Hungergefühl führen; und wie erwähnt bevorzugen wir dann zuckerhaltige Nahrungsmittel als schnelle Energielieferanten.5 Diese natürlichen und notwendigen Vorgänge werden jedoch problematisch, wenn Stress chronisch wird: Dass anhaltender Stress für vielfältige körperliche und psychische Erkrankungen verantwortlich ist, ist vielfach bekannt. Speziell im Hinblick auf die Ernährung und auf Heißhungerattacken führen wir dem Körper bei chronischem Stress langfristig mehr Nahrung zu, als er benötigt, sodass überschüssige Kalorien als Fettdepot gespeichert werden – wir nehmen zu und erhöhen damit erneut das Risiko, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Erkrankungen des Bewegungsapparates und der Organe, Lungen- oder Stoffwechselkrankheiten wie Diabetes mellitus sowie psychische Erkrankungen wie Depressionen zu entwickeln.6
Obwohl uns bewusst ist, dass der häufige Konsum von hochkalorischen, fettreichen Nahrungsmitteln der körperlichen und psychischen Gesundheit auf Dauer schadet, ‚belohnen‘ wir uns dennoch hin und wieder und vor allem in angespannten Zeiten mit entsprechenden Snacks. Und dies hängt dann nicht immer mit dem Bedürfnis des Körpers nach Energie zusammen. Die Zufuhr von energiereichen Lebensmitteln setzt nämlich überdies Dopamin frei, wodurch das Belohnungszentrum im Gehirn aktiviert wird, jenes Zentrum, das auch bei Abhängigkeitserkrankungen eine zentrale Rolle spielt – wir fühlen uns glücklich und empfinden Trost.7 Genau aus diesem Grund fällt es uns so schwer, Heißhungergefühlen in Stresssituationen ständig diszipliniert zu widerstehen.
Krankheitsbedingte Heißhungerattacken
Neben Stress als Auslöser für ein plötzlich auftretendes ungezügeltes Essbedürfnis können fortwährende Heißhungerattacken auch Anzeichen von diversen Erkrankungen sein: Die Esslust markiert beispielsweise bei Menschen mit Diabetes oftmals einen beginnenden Unterzucker – der Blutzuckerspiegel sinkt stark ab. Mit Heißhunger signalisiert der Körper dann, dass er dringend Nahrung braucht, um der Hypoglykämie vorzubeugen.8
Heißhunger kann darüber hinaus Anzeichen einer Lebererkrankung sein, denn in solch einem Fall kann das geschädigte Organ dessen Zuckerspeicherfunktion nicht mehr erfüllen. Infolgedessen sinkt der Blutzuckerspiegel und der Körper reagiert mit Heißhunger.9
Des Weiteren kann Heißhunger auf eine Überfunktion der Schilddrüse hindeuten. Betroffene fühlen sich ständig hungrig, essen häufig und viel und verlieren gleichzeitig Gewicht. Dieser Umstand bedeutet für den Körper Stress, weswegen weitere Anzeichen einer Schilddrüsenüberfunktion Nervosität, ein erhöhter Puls sowie Haarausfall und ein Kropf sind.10
Hinter häufigen Heißhungerattacken können ebenso Tumore stecken, beispielsweise gutartige Tumore der Bauchspeicheldrüse, die unkontrolliert Insulin erzeugen. Auch Wucherungen im Gehirn können das Hunger-Sättigungsgefühl abseits der Norm beeinflussen und somit für Essanfälle und Gewichtszunahme verantwortlich sein.11
Neben körperlichen Erkrankungen können außerdem psychische Störungen/Krankheiten unkontrollierte Heißhungerattacken hervorrufen, so beispielsweise Depressionen, Angstzustände, Abhängigkeitserkrankungen wie Alkoholsucht, Traumata oder Essstörungen wie Bulimie oder Binge-Eating.12
Nicht zuletzt können hinter Heißhunger Auslöser wie Migräne (Heißhunger kündigt Migräneanfall an), übermäßiger Cannabis-Konsum oder bestimmte Medikamente (Psychopharmaka, darunter manche Antidepressiva und Neuroleptika, sowie Medikamente auf Cortison-Basis) sein.13
Dem Heißhunger nicht nachgeben
Wie bekämpft man nun aber gewöhnliche Heißhungerattacken effektiv? Da sich in vielen Fällen Stress als Hauptauslöser für gelegentliche Heißhungergefühle verantwortlich zeigt, gilt es in erster Linie, Stressoren zu ermitteln und diese zu meiden. Um Stresshormone abzubauen, eignet sich Sport als gesunde Strategie, um Heißhunger vorzubeugen. Und weil auch mangelnder Schlaf körperlich und psychisch belastet, sollte auf ausreichend Regenerationszeit geachtet werden. Nicht zuletzt sorgt eine ausgewogene, abwechslungsreiche Ernährung dafür, dass das dringende Bedürfnis nach hochkalorischen Nahrungsmitteln erst gar nicht auftritt. Empfohlen wird, Kohlenhydrate zu verzehren, die nur langsam abgebaut werden, beispielsweise Vollkornprodukte, Gemüse oder Hülsenfrüchte. Letztere dienen außerdem als wertvolle Proteinquelle, denn eiweißreiche Lebensmittel wie Fleisch, Eier, Nüsse oder Samen zügeln den Appetit und sorgen gleichzeitig dafür, dass man länger satt bleibt. Auch Ballaststoffe in Obst und Gemüse sowie in Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten beugen Heißhungerattacken vor.14
Neben der Vermeidung von Stress, ausreichend Schlaf sowie einer gesunden, abwechslungsreichen Ernährung führen Expert*innen noch weitere Tipps an, um Heißhungerattacken zu vermeiden bzw. zu bekämpfen:15
- Bitterstoffe gegen Heißhunger
Durch verschiedene Bitterstoffe, die in natürlicher Form in Lebensmitteln vorkommen, kann Heißhunger wirksam bekämpft werden. Empfohlen werden diesbezüglich beispielsweise der Verzehr von Ingwer und Oliven sowie der Konsum von Kaffee in Maßen, sofern keine Allergien oder Unverträglichkeiten dahin gehend vorliegen. - Eiweißbedarf decken
Manchmal verspüren wir Heißhunger, wenn der Eiweißbedarf nicht gedeckt ist. Ein paar Löffel von Topfen oder Skyr schaffen hierbei wirksam Abhilfe. - Nicht hungrig einkaufen
Schlendern wir hungrig durch die Supermarkt-Gänge, wird der Heißhunger auf die dargebotenen Nahrungsmittel nur geschürt. Dies gilt es, zu vermeiden - Auf schnelle Kohlenhydrate verzichten
Anstatt Heißhunger mit Süßem oder Salzigem zu stillen, sollte eher zu gesunden Snacks wie Obst und Gemüse gegriffen werden. Bananen, ungesalzene Nüsse oder Feigen bekämpfen Heißhunger effektiv.
So mancher Heißhungerattacke geben wir alle dann und wann einmal nach. Und der spontane Griff zu süßen oder salzigen Köstlichkeiten sollte auch nicht zur Gänze verboten werden, weil der erzwungene Verzicht Heißhunger nur umso mehr schürt.16 Werden allerdings die angeführten Tipps befolgt, so bleiben Heißhungergefühle die Ausnahme und wirken langfristig nicht negativ auf Körper und Seele. Das ein oder andere Stück Schokolade sowie salzige Snacks in Maßen sorgen immerhin für Glücksgefühle, und diese dürfen durch einen gemäßigten, bewussten Verzehr jedenfalls hervorgerufen werden.
1 Vgl. Stamm, Ursula: Heißhunger erkennen – Ursachen, Symptome & Tipps. In: rbb-online.de. Veröffentlicht am 20.12.2022.
URL: https://www.rbb-online.de/rbbpraxis/rbb_praxis_service/ernaehrung/heisshunger—was-kann-ich-dagegen-tun-tipps-von-ernaehrungsmedizinerin.html [Stand: 09.01.2025].
2 Stamm, Ursula: Heißhunger erkennen – Ursachen, Symptome & Tipps.
URL: https://www.rbb-online.de/rbbpraxis/rbb_praxis_service/ernaehrung/heisshunger—was-kann-ich-dagegen-tun-tipps-von-ernaehrungsmedizinerin.html [Stand: 09.01.2025].
3 Vgl. AOK Gesundheitsmagazin: Mit der richtigen Ernährung Heißhunger entgegenwirken. In: aok.de. Veröffentlicht am 11.01.2021.
URL: https://www.aok.de/pk/magazin/ernaehrung/abnehmen/mit-der-richtigen-ernaehrung-heisshunger-entgegenwirken/ [Stand: 09.01.2025].
4 Stamm, Ursula: Heißhunger erkennen – Ursachen, Symptome & Tipps.
URL: https://www.rbb-online.de/rbbpraxis/rbb_praxis_service/ernaehrung/heisshunger—was-kann-ich-dagegen-tun-tipps-von-ernaehrungsmedizinerin.html [Stand: 09.01.2025].
5 Vgl. Zielinski, Johanna: Was hilft bei Heißhungerattacken? In: natuerlich.thieme.de. Veröffentlicht am 26.06.2024.
URL: https://natuerlich.thieme.de/blog/detail/was-hilft-bei-heisshungerattacken-3461 [Stand: 09.01.2025].
6 Vgl. Stiftung Gesundheitswissen: Adipositas. In: stiftung-gesundheitswissen.de. Aktualisiert am 14.08.2023.
URL: https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/wissen/adipositas/folgeerkrankungen [Stand: 09.01.2025].
7 Vgl. Bernhardt, Constantia: Wie Stress das Essverhalten beeinflusst. In: swr.de. Veröffentlicht am 23.06.2023.
URL: https://www.swr.de/wissen/warum-wir-bei-stress-mehr-essen-100.html [Stand: 09.01.2025].
8 Vgl. Apfel, Petra: Sie leiden unter Fressattacken? Diese Krankheiten könnten dahinter stecken. In: focus.de. Veröffentlicht am 24.05.2016.
URL: https://www.focus.de/gesundheit/ernaehrung/abnehmen/futtern-bis-der-arzt-kommt-fressattacken-diese-krankheiten-machen-megahungrig_id_5560534.html [Stand: 09.01.2025] und
vgl. AOK Gesundheitsmagazin: Dopamin und Sucht: Wie hängen sie zusammen? In: aok.de. Veröffentlicht am 01.08.2024.
URL: https://www.aok.de/pk/magazin/koerper-psyche/sucht/von-dopamin-und-suchtverhalten-bis-zu-dopamin-detox/ [Stand: 14.01.2025].
9 Vgl. Apfel, Petra: Sie leiden unter Fressattacken? Diese Krankheiten könnten dahinter stecken.
URL: https://www.focus.de/gesundheit/ernaehrung/abnehmen/futtern-bis-der-arzt-kommt-fressattacken-diese-krankheiten-machen-megahungrig_id_5560534.html [Stand: 09.01.2025].
10 Vgl. Apfel, Petra: Sie leiden unter Fressattacken? Diese Krankheiten könnten dahinter stecken.
URL: https://www.focus.de/gesundheit/ernaehrung/abnehmen/futtern-bis-der-arzt-kommt-fressattacken-diese-krankheiten-machen-megahungrig_id_5560534.html [Stand: 09.01.2025].
11 Vgl. Apfel, Petra: Sie leiden unter Fressattacken? Diese Krankheiten könnten dahinter stecken.
URL: https://www.focus.de/gesundheit/ernaehrung/abnehmen/futtern-bis-der-arzt-kommt-fressattacken-diese-krankheiten-machen-megahungrig_id_5560534.html [Stand: 09.01.2025].
12 Vgl. Zielinski, Johanna: Was hilft bei Heißhungerattacken? In: natuerlich.thieme.de. Veröffentlicht am 26.06.2024.
URL: https://natuerlich.thieme.de/blog/detail/was-hilft-bei-heisshungerattacken-3461 [Stand: 09.01.2025] und
vgl. AOK Gesundheitsmagazin: Mit der richtigen Ernährung Heißhunger entgegenwirken.
URL: https://www.aok.de/pk/magazin/ernaehrung/abnehmen/mit-der-richtigen-ernaehrung-heisshunger-entgegenwirken/ [Stand: 09.01.2025].
13 Vgl. Apfel, Petra: Sie leiden unter Fressattacken? Diese Krankheiten könnten dahinter stecken.
URL: https://www.focus.de/gesundheit/ernaehrung/abnehmen/futtern-bis-der-arzt-kommt-fressattacken-diese-krankheiten-machen-megahungrig_id_5560534.html [Stand: 09.01.2025].
14 Vgl. Zielinski, Johanna: Was hilft bei Heißhungerattacken?
URL: https://natuerlich.thieme.de/blog/detail/was-hilft-bei-heisshungerattacken-3461 [Stand: 09.01.2025].
15 Vgl. Zielinski, Johanna: Was hilft bei Heißhungerattacken?
URL: https://natuerlich.thieme.de/blog/detail/was-hilft-bei-heisshungerattacken-3461 [Stand: 09.01.2025] und
vgl. Welt, Carola: Wie Sie Heißhunger überwinden – 5 Tipps von der Expertin. In: rbb-online.de. Veröffentlicht am 20.12.2022.
URL: https://www.rbb-online.de/rbbpraxis/rbb_praxis_service/ernaehrung/wie-sie-heisshunger-ueberwinden-5-tipps-von-der-expertin.html [Stand: 09.01.2025].
16 Vgl. Stamm, Ursula: Heißhunger erkennen – Ursachen, Symptome & Tipps.
URL: https://www.rbb-online.de/rbbpraxis/rbb_praxis_service/ernaehrung/heisshunger—was-kann-ich-dagegen-tun-tipps-von-ernaehrungsmedizinerin.html [Stand: 09.01.2025].
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Veröffentlicht am: 29.01.2025