Im Lesefieber
Das Schmökern in Büchern kann entweder ein freudebringendes Hobby sein oder eine Tätigkeit ohne jeglichen Reiz. Doch regelmäßiges Lesen bringt zahlreiche gesundheitliche Vorteile mit sich.
Nach einem langen Arbeitstag einfach nur auf dem Sofa liegen und fernsehen – so sieht häufig der Feierabend aus, um zu entspannen. Doch warum stattdessen nicht einfach ein Buch in die Hand nehmen und ein paar Seiten lesen? Für die einen eine willkommene Alternative, für die anderen jedoch langweilig und anstrengend. Was viele jedoch nicht wissen – Lesen fördert die physische wie auch psychische Gesundheit auf vielfältige Art und Weise, sodass es sich doch lohnt, öfter einige Seiten zu ‚verschlingen‘.
Schon in jungen Jahren werden wir von unseren Eltern und in der Schule immer wieder dazu aufgefordert, häufiger zu lesen. Grund dafür ist die Ausbildung und Förderung der Lesekompetenz im Rahmen der Erziehung: Diese ist „Basiskompetenz für eine befriedigende Lebensführung in persönlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht sowie für eine aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben“1, so die Definition der OECD-PISA-Studie. Und zu lesen gehört – wie in der Definition beschrieben – auch unweigerlich zu unserem Leben dazu: Wir lesen Gebrauchsanweisungen, Straßenschilder oder schriftliche Mitteilungen via Post oder E-Mails.
Das Lesen eines Buches hingegen wird mit einem Hobby in Verbindung gebracht: Entweder informieren wir uns mittels Fach- oder Sachbuch über Themenbereiche, die für uns interessant erscheinen, und erweitern so unseren Bildungshorizont, oder wir tauchen in die konstruierte Welt eines Romans ein, wodurch wir uns unterhalten fühlen und es uns zugleich ermöglicht wird, dem routinierten Alltag zu entfliehen.2
Ob nun zum Zwecke der Wissenserweiterung oder des Vergnügens – es wird allgemein empfohlen, regelmäßig zu lesen, denn mittlerweile ist bekannt, dass der Körper und auch die Psyche davon immens profitieren.
Mehr als nur ein Hobby
Zunächst ist Lesen hervorragend dazu geeignet, den Stress abzubauen und um zu entspannen. Dies hängt unter anderem damit zusammen, dass wir uns dabei in einer ruhenden Position befinden, wodurch die Herzfrequenz sinkt und die Anspannung nachlässt.3 Durch die Lektüre selbst – vor allem Romane, Gedichte oder Dramen – wird gleichzeitig unserer Vorstellungskraft zusammen mit der Fantasie angeregt bzw. gefördert.4 Wir tauchen also in eine andere Welt ein, in welcher wir uns mit den agierenden Charakteren verbinden. Durch das sogenannte Deep Reading – die Umgebung kann vollends ausgeblendet werden –5 vergessen wir darüber hinaus alltägliche Aufgaben und Sorgen.6
Dies ist auch der Vorteil des Lesens gegenüber dem Fernsehen: Der eben erwähnte Trance-Zustand setzt durch die Passivität beim Fernsehen nicht ein, weswegen dabei im Gegensatz zum Lesen auch eine Unterhaltung möglich ist.7 Außerdem hilft das Lesen beim Einschlafen: „Dadurch, dass ich dabei etwas mache – aber in einem ruhigen Umfeld – komme ich zur Ruhe. Die Anstrengung lässt langsam die Augen schwer werden, was wiederum für den Körper und die Psyche das Signal ist, zu schlafen“8, wie der Kölner Psychologe Rolf Schmiel erklärt. Beim Fernsehen hindere uns die Strahlung des Lichtes daran, zur Ruhe zu kommen, so seine weiterführende Erläuterung.9
Unser Gedächtnis wird stark beansprucht – auf positive Art und Weise
Obwohl Lesen eine entspannende Tätigkeit ist, sind wir dabei höchst aktiv, indem wir unser Gehirn trainieren: Wir stärken durch das Lesen einer Lektüre unsere Konzentrationsfähigkeit und unser Erinnerungsvermögen. Wird häufig gelesen, dann soll dies gemäß Studien sogar das Risiko für altersbedingten Gedächtnisverlust bis hin zu Alzheimer senken.10 Dies ist darauf zurückzuführen, dass während des Lesens ein hoher Aufmerksamkeitsgrad gefordert wird, um Zusammenhänge verstehen und um Bezüge zwischen den einzelnen Kapiteln sowie generell Verbindungen zur realen Welt herstellen zu können. Folglich werden dabei verschiedenste Gehirnregionen sowie die beiden Hirnhälften aktiviert und angeregt, die sodann gleichzeitig miteinander in Verbindung treten.11
Schulung der Sozialkompetenzen
Neben dem kognitiven Training kann Lesen auch auf unsere sozialen Kompetenzen einwirken: Indem wir uns mit den handelnden Figuren einer Lektüre auseinandersetzen und während einer Deep-Reading-Phase deren Konflikte und Herausforderungen bewältigen, sollen auch jene Fähigkeiten gesteigert werden, die es uns ermöglichen, unsere Mitmenschen und deren Gefühlszustand besser zu verstehen – demnach wird unsere Empathie durch das Lesen geschult und gefördert. Und aus den ebengenannten Gründen – wir handeln zusammen mit den Figuren – erfüllen wir auch gleichzeitig unser Bedürfnis nach Zugehörigkeit, unabhängig davon, ob es sich um reale Darstellungen oder um Charaktere in fiktiven Welten handelt.12
Nicht zuletzt – Lesen für mehr psychische Gesundheit
Das eben erwähnte Zugehörigkeitsgefühl, welches durch die emotionale Verbundenheit mit den handelnden Figuren entsteht, soll auch depressiven Verstimmungen lindern,13 „um wieder aus dem Loch heraus zu kommen“14, wie Schmiel erklärt. Der Zugehörigkeitsmoment „schafft Trost und stabilisiert die Psyche“15, da wir uns weniger einsam fühlen.16
Gemäß den Ausführungen ist es also lohnenswert, regelmäßig ein Buch zur Hand zu nehmen – und das nicht nur wegen der eben angeführten Wirkungsweisen auf uns. „Wer nur eine halbe Stunde täglich mit dem Lesen eines Buches verbringt, hat einen signifikanten Überlebensvorteil gegenüber Nichtlesern“17, so die an der Yale School of Public Health tätige Professorin Becca Levy. Eine Studie derselben Universität ergab nämlich, dass Personen, die bis zu 3,5 Stunden in der Woche lesen, eine um 17 % höhere Lebenserwartung aufweisen gegenüber jenen, die nicht lesen. Liest man pro Woche noch länger als 3,5 Stunden, steigert sich die Lebenserwartung sogar um 23 % gegenüber der Gruppe der Nichtleser*innen.18
Schlussendlich bedeutet Lesen vor allem, unterhalten zu werden und Spaß an der Lektüre zu haben. Wenn es uns dabei gelingt, unsere Umwelt zu vergessen, Teil des Plots zu werden und uns mit den literarischen Figuren zu identifizieren, dann profitieren auch unser Körper und unsere Psyche gleichermaßen von diesem Hobby.
1 Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung: Leseerziehung.
URL: https://www.bmbwf.gv.at/Themen/schule/schulpraxis/prinz/leseerziehung.html [Stand: 11.01.2022].
2 Vgl. Psylex: Lesepsychologie; Psychologie des Lesens.
URL: https://psylex.de/psychologie-lexikon/medienpsychologie/lesen/#3 [Stand: 11.01.2022].
3 Vgl. AOK: Leseratten leben länger: So gesund ist Bücherlesen. Aktualisiert am 14.10.2022.
URL: https://www.aok.de/pk/magazin/wohlbefinden/motivation/wie-gesund-ist-lesen-wirklich/ [Stand: 11.01.2022].
4 Vgl. Hoffmann, Solvejg: Wer viel liest, lebt länger. In: geo.de.
URL: https://www.geo.de/wissen/gesundheit/17562-rtkl-literatur-wer-viel-liest-lebt-laenger [Stand: 11.01.2022].
5 Vgl. Hoffmann, Solvejg: Wer viel liest, lebt länger.
URL: https://www.geo.de/wissen/gesundheit/17562-rtkl-literatur-wer-viel-liest-lebt-laenger [Stand: 11.01.2022].
6 Vgl. Bayern1: Lesen macht glücklich. In: br.de. Veröffentlicht am 09.11.2021.
URL: https://www.br.de/radio/bayern1/lesen102.html [Stand: 11.01.2022].
7 Vgl. Bayern1: Lesen macht glücklich.
URL: https://www.br.de/radio/bayern1/lesen102.html [Stand: 11.01.2022].
8 Bayern1: Lesen macht glücklich.
URL: https://www.br.de/radio/bayern1/lesen102.html [Stand: 11.01.2022].
9 Vgl. Bayern1: Lesen macht glücklich.
URL: https://www.br.de/radio/bayern1/lesen102.html [Stand: 11.01.2022].
10 Vgl. Tabackman, Lia: Fünf Vorteile, die Lesen für eure mentale Gesundheit hat – und sogar für euren Körper. In: businessinsider.de. Veröffentlicht am 03.12.2020.
URL: https://www.businessinsider.de/leben/lesen-diese-fuenf-vorteile-haben-buecher-fuer-psyche-und-koerper/ [Stand: 11.01.2022].
11 Vgl. Volkmann, Anne: Warum Lesen gut für die Psyche ist und das Leben verlängern kann. In: gesundheitsstadt-berlin.de. Veröffentlicht am 23.03.2019.
URL: https://www.gesundheitsstadt-berlin.de/warum-lesen-gut-fuer-die-psyche-ist-und-das-leben-verlaengern-kann-13123/ [Stand: 11.01.2022].
12 Vgl. Bayern1: Lesen macht glücklich.
URL: https://www.br.de/radio/bayern1/lesen102.html [Stand: 11.01.2022].
13 Vgl. Bayern1: Lesen macht glücklich.
URL: https://www.br.de/radio/bayern1/lesen102.html [Stand: 11.01.2022].
14 Bayern1: Lesen macht glücklich.
URL: https://www.br.de/radio/bayern1/lesen102.html [Stand: 11.01.2022].
15 Bayern1: Lesen macht glücklich.
URL: https://www.br.de/radio/bayern1/lesen102.html [Stand: 11.01.2022].
16 Vgl. Bayern1: Lesen macht glücklich.
URL: https://www.br.de/radio/bayern1/lesen102.html [Stand: 11.01.2022].
17 Hoffmann, Solvejg: Wer viel liest, lebt länger.
URL: https://www.geo.de/wissen/gesundheit/17562-rtkl-literatur-wer-viel-liest-lebt-laenger [Stand: 11.01.2022].
18 Vgl. Hoffmann, Solvejg: Wer viel liest, lebt länger.
URL: https://www.geo.de/wissen/gesundheit/17562-rtkl-literatur-wer-viel-liest-lebt-laenger [Stand: 11.01.2022].
Bildhinweis: Adobe Stock
Veröffentlicht am: 02.02.2022