Gegen jede Widrigkeit – Ressourcen

 

Wir mobilisieren unsere Ressourcen, um psychischen Belastungen erfolgreich entgegenzutreten. Doch was genau sind eigentlich Ressourcen und wie machen wir von ihnen Gebrauch?

Die Ressourcen aktivieren, neu entdecken, erweitern – vielfach und auch im psychosozialen Kontext ist von den sogenannten Ressourcen die Rede; eine abstrakte Größe, die offenbar dabei unterstützt, psychische Belastungssituationen zu meistern, mit psychischen Erkrankungen besser umzugehen oder das psychische Wohlbefinden aufrechtzuerhalten und zu steigern. Doch was sind Ressourcen wirklich und inwiefern beeinflussen sie unser seelisches Gleichgewicht?

Jeder Mensch verfügt über bestimmte Ressourcen

Zahlreiche Risikofaktoren wie beispielsweise Konfliktsituationen, lebensverändernde Ereignisse, Stress, finanzielle Not oder Einsamkeit nehmen im Laufe unseres Lebens unaufhörlich Einfluss auf die psychische Gesundheit.1 Manche Menschen können Rückschläge besser verkraften als andere, was mit den bereits erwähnten Ressourcen zusammenhängt: „Ressourcen sind Fähigkeiten, die von der Person selbst als hilfreich erlebt werden“2, so die deutsche Psychotherapeutin Ulrike Willutzki. Sie umfassen nämlich bestimmte Kompetenzen und Handlungsmöglichkeiten, die für jede Person individuell als schützend und fördernd wahrgenommen werden. „Sowohl was die Bewältigung in anderen Lebensbereichen als auch in früheren Lebensphasen betrifft, stecken in jedem Menschen viele Fähigkeiten und Fertigkeiten“3, wie Willutzki weiter ausführt.

Es geht also darum, in belastenden Situationen auf diese Ressourcen zurückzugreifen, denn „Ressourcenaktivierung stärkt unsere Gesundheit. Wer viele Ressourcen zur Verfügung hat, lebt im Einklang mit seinen Grundbedürfnissen und ist damit robuster gegenüber Herausforderungen“4, erklären die deutschen Psychologinnen Uta Deppe-Schmitz und Miriam Deubner-Böhme.

Wie setzen sich Ressourcen im Allgemeinen zusammen?

Zu unterscheiden sind dabei zunächst die inneren von den äußeren Ressourcen: Erstere sind individuell und subjektiv, umfassen physische wie psychische Komponenten, während sich äußere oder auch externe bzw. objektive Ressourcen auf physikalische, materielle, biologische, ökologische sowie soziale oder kulturelle Aspekte beziehen. Vor allem im psychosozialen Kontext relevant und maßgeblich zur Stärkung der eigenen Widerstandsfähigkeit gegenüber seelischen Belastungen sind die subjektiv psychischen Ressourcen sowie die objektiven materiellen und sozialen Ressourcen.5

Psychische Belastungen mit Ressourcen reduzieren

Die psychischen Ressourcen bestehen dabei aus individuellen Bewältigungsmechanismen und Handlungskompetenzen (beispielsweise bestimmte Strategien zur Stressbewältigung oder für jede Person subjektiv wohltuende Entspannungsmethoden) genauso wie aus dem Selbstwert oder aus Techniken der Abgrenzung (Stichwort Resilienz). Die materiellen Ressourcen umfassen dabei ökonomische Komponenten, auf die im Bedarfsfall zurückgegriffen werden kann, um das seelische Wohlbefinden aufrechtzuerhalten. Dazu zählen neben finanziellen Mitteln ebenso beispielsweise eine Kranken- oder Pensionsversicherung. Zuletzt markieren die sozialen Ressourcen einen wesentlichen Faktor zur Aufrechterhaltung der psychischen Gesundheit, denn sie werden aktiviert durch die Einbindung in ein soziales Gefüge, das Unterstützung bei der Bewältigung von Problemen bieten kann.6

Ressourcen entstehen durch die individuelle Lebensgestaltung

Zusammenfassend bedeutet dies nun, dass sich Ressourcen, die die psychische Widerstandskraft stärken, aus finanzieller Sicherheit, aus individuellen Persönlichkeitseigenschaften sowie Bewältigungsmechanismen und aus sozialer Integration im weitesten Sinne ergeben; sie werden als Gesundheitsressourcen betrachtet. Überblickshaft dargestellt sind folgende Elemente wesentliche Ressourcen:7

  • Innere (psychische) Ressourcen
    Entspannung und Schlaf, das Ausüben von Hobbies und Interessen nachgehen, positive Erfahrungen sammeln und schöne Erinnerungen schaffen, Selbstfürsorge und Genussfähigkeit, ein positives Selbstwertgefühl sowie Selbstverwirklichung
  • Äußere (soziale, materielle) Ressourcen
    Freund*innen, Familie, Nachbar*innen, mit denen gelungene soziale Interaktionen stattfinden, Wohnraum sowie Besitz zum Beispiel eines Fahrzeuges genauso wie Arbeitsplatzsicherheit, ein gutes Betriebsklima und die Kommunikation mit Arbeitskolleg*innen

Risikofaktoren, die das seelische Wohlbefinden belasten, werden durch starke Ausprägung dieser Ressourcen minimiert. So reduziert sich beispielsweise die Gefahr von Einsamkeit und sozialer Ausgrenzung, Armut oder Konflikten durch neue, ungewohnte Lebensumstände.8

Ressourcenorientierte Psychotherapie

Und weil all diese Gesundheitsressourcen in der Aufrechterhaltung der psychischen Gesundheit eine maßgebliche Rolle spielen, scheint es auch nicht verwunderlich, dass die Ressourcenaktivierung mittlerweile wesentlicher Faktor im Erreichen von therapeutischen Zielen im Rahmen einer Psychotherapie ist.9 „In diesem Setting geht es vor allem darum, verloren geglaubte oder unbekannte Ressourcen aufzuspüren und in weiterer Folge die Person zu motivieren, diese langfristig zu nutzen“, wie Philipp Landgraf, klinischer Psychologe und Leitung des teilzeitbetreuten Wohnens bei pro mente steiermark, erklärt. Und dies wiederum kann dazu beitragen, Therapieziele schließlich zu erreichen. Ressourcen im psychotherapeutischen Kontext sind dabei beispielsweise Wünsche, Ziele, Interessen, Werte, Überzeugungen (auch die Gesundheit betreffend) sowie Wissen, Bildung, finanzielle Möglichkeiten oder zwischenmenschliche Beziehungen, die es gilt, neu zu entdecken und von ihnen Gebrauch zu machen.10

Ob nun im alltäglichen Bereich oder im Rahmen einer Psychotherapie – die Aktivierung von subjektiven und objektiven Ressourcen ist essenziell, um seelischen Belastungen standzuhalten und um trotz psychischer Erkrankungen einen Genesungsprozess in Gang zu setzen. Es gilt also, stets auf all die vorhandenen Ressourcen zurückzugreifen und damit Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des psychischen Wohlbefindens zu ergreifen.

 


1 Vgl. Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs: Psyche: Schutz- & Risikofaktoren. In: gesundheit.gv.at. Aktualisiert am 03.09.2019.
URL: https://www.gesundheit.gv.at/leben/psyche-seele/praevention/ressourcen-und-risikofaktoren.html#was-zaehlt-zu-den-risikofaktoren-fuer-die-psyche [Stand: 19.10.2023].

2 Britten, Uwe: Interview mit Prof. Dr. phil. Ulrike Willutzki, Professorin für Klinische Psychologie und Psychotherapie: „Die Klienten bringen die Lösung der Probleme meint schon mit“. In: aerzteblatt.de. Veröffentlicht im Juni 2019.
URL: https://www.aerzteblatt.de/archiv/208152/Interview-mit-Prof-Dr-phil-Ulrike-Willutzki-Professorin-fuer-Klinische-Psychologie-und-Psychotherapie-Die-Klienten-bringen-die-Loesung-der-Probleme-meist-schon-mit [Stand: 19.10.2023].

3 Britten, Uwe: Interview mit Prof. Dr. phil. Ulrike Willutzki, Professorin für Klinische Psychologie und Psychotherapie: „Die Klienten bringen die Lösung der Probleme meint schon mit“.
URL: https://www.aerzteblatt.de/archiv/208152/Interview-mit-Prof-Dr-phil-Ulrike-Willutzki-Professorin-fuer-Klinische-Psychologie-und-Psychotherapie-Die-Klienten-bringen-die-Loesung-der-Probleme-meist-schon-mit [Stand: 19.10.2023].

4 Hogrefe: Ressourcenaktivierung. In: hogrefe.com. Veröffentlicht am 30.04.2018.
URL: https://www.hogrefe.com/at/thema/ressourcenaktivierung [Stand: 19.10.2023].

5 Vgl. H.K.: Ressourcen. In: spektrum.de.
URL: https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/ressourcen/12935 [Stand: 19.10.2023].

6 Vgl. H.K.: Ressourcen.
URL: https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/ressourcen/12935 [Stand: 19.10.2023].

7 Vgl. Vgl. Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs: Psyche: Schutz- & Risikofaktoren.
URL: https://www.gesundheit.gv.at/leben/psyche-seele/praevention/ressourcen-und-risikofaktoren.html#was-zaehlt-zu-den-risikofaktoren-fuer-die-psyche [Stand: 19.10.2023].

8 Vgl. Vgl. Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs: Psyche: Schutz- & Risikofaktoren.
URL: https://www.gesundheit.gv.at/leben/psyche-seele/praevention/ressourcen-und-risikofaktoren.html#was-zaehlt-zu-den-risikofaktoren-fuer-die-psyche [Stand: 19.10.2023].

9 Vgl. Dorsch: Ressourcenaktivierung in der Psychotherapie. In: dorsch.hogrefe.com. Aktualisiert am 06.10.2022.
URL: https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/ressourcenaktivierung-in-der-psychotherapie [Stand: 19.10.2023].

10 Vgl. Dorsch: Ressourcenaktivierung in der Psychotherapie.
URL: https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/ressourcenaktivierung-in-der-psychotherapie [Stand: 19.10.2023].

Bildhinweis: Adobe Stock

Veröffentlicht am: 15.11.2023