Gegen das Grau im Alltag – Herbst-Winterdepression bekämpfen
Kalte Tage, anhaltender Nebel und schon früh dunkel – in der Herbst- und Winterzeit klagen viele über ein Seelentief. Aber was hat es mit der danach benannten Depression auf sich? Wie entstehen diese Phasen der Niedergeschlagenheit und weist die saisonbedingte Verstimmung auf eine ernst zu nehmende psychische Erkrankung hin?
Wenn die Tage wieder kürzer werden, das Wetter eher trüb und nass-kalt ist, dann fürchten viele, dass sich diese äußeren Umstände auch auf das Gemüt auswirken – und das zu Recht: Jährlich leiden 200.000 Österreicher*innen an der sogenannten Herbst-Winterdepression.1
Aber warum ist das so und wie genau entsteht eine solche saisonale Melancholie?
Doch welche wissenschaftlichen Mechanismen stecken genau dahinter?
Ausschlaggebend für eine allgemeine negative Gemütsveränderung ist der Botenstoff Serotonin,4 der als Neurotransmitter in unserem Gehirn auftritt. Die Neurotransmitter sind dafür verantwortlich, die elektrischen Impulse in unserem Gehirn, welche durch die Verbindung der unzähligen Nervenzellen entstehen, zu entschlüsseln.5 Und Serotonin im Speziellen beeinflusst dabei stark die Schmerzwahrnehmung, den Schlaf-Wach-Rhythmus oder eben auch die Stimmungslage, weswegen das Hormon auch bei der Entstehung von Depressionen eine wichtige Rolle spielt.6 Durch die Studie konnte nun auch festgestellt werden, dass das Serotonin durch einen Lichtmangel in seiner Bindungskraft gehemmt ist, also nicht optimal an andere Nervenzellen anknüpfen kann. Diese Eigenschaft erhöht sich im Körper wiederum bei ausreichendem Sonnenlicht.7
Wie kann man nun die saisonale Depression abwehren bzw. bekämpfen?
Durch die Studie fand man auch heraus, dass vor allem mit einer Lichttherapie bereits nach einer Woche eine Verbesserung des Gemütszustandes der Proband*innen eingetreten ist. Eine Therapie mit Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern – kurz SSRI – führte erst nach etwa 3 Wochen zur Linderung der Symptome.8 Edda Winkler-Pjrek, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin in Wien, empfiehlt neben der eben erwähnten Lichttherapie auch „viel Bewegung im Freien, Sport, Wandern, schnelles Gehen oder Laufen“9. Und auch die Ernährung spiele eine Rolle, so Winkler-Pjrek: Omega-3-Fettsäuren haben eine antidepressive Wirkung, weswegen sie empfehle, ein- bis zweimal pro Woche hochwertige Fischprodukte in die Mahlzeiten einzubauen.10 Vor allem fettreiche Fische wie Lachs, Makrele, Thunfisch, Hering, Sardine oder heimische Kaltwasserfische sollten hierbei Bestandteile der Nahrungsaufnahme sein, aber die mehrfach ungesättigten Fettsäuren sind auch in Raps-, Lein-, Soja- und Walnussöl zu finden.11
Gemäß den Ausführungen ist die Herbst-Winterdepression also von der psychischen Erkrankung einer Depression zu unterscheiden.
Während Erstere aufgrund des mangelnden Lichts saisonal bedingt ist und in der Regel mit zunehmender Sonneneinstrahlung im Frühjahr wieder verschwindet, kann Letztere von Dauer sein. Auch bei der Depression müssen diverse Formen unterschieden werden, jedoch ist sie als ernst zu nehmende Krankheit einzustufen, die auch eine Behandlung notwendig macht. Denn anhaltende Symptome wie die niedergedrückte Stimmungslage, das Gefühl der Hoffnungslosigkeit oder der soziale Rückzug stellen ein hohes Potenzial für Suizidgefahr dar.12
Wie wirkt sich nun die aktuelle Zeit – Stichwort Corona-Krise – auf Menschen mit Herbst-Winterdepression aus?
Edda Winkler-Pjrek hat versucht, diese Frage zu beantworten. Jedoch müsse man erst beobachten, inwiefern der im November verordnete Lockdown tatsächlich Einfluss darauf nehme. Sie erklärt, dass die Herbst-Winterdepression bei betroffenen Menschen häufig im November zum ersten Mal auftrete, während in der Weihnachtszeit, also im Dezember, eine Verbesserung der Symptomatik zu beobachten sei. Dies könne mit der Vorfreude auf das Weihnachtsfest zusammenhängen, denn das gemeinsame Backen, der Besuch von Adventmärkten, das Treffen mit Familie und Freund*innen wirke sich positiv auf das Gemüt aus. Da dies im heurigen Jahr nur eingeschränkt bis gar nicht möglich sei, könne sich die gedrückte Gemütsstimmung, welche Ende Jänner bzw. Anfang Februar wieder verstärkt auftrete, schon früher bemerkbar machen und damit auch länger andauern.13
Zusammenfassend ist damit Folgendes festzuhalten: Um gut durch den Winter zu kommen und um die Symptome der Herbst-Winterdepression aktiv zu bekämpfen, sollte zunächst eine Lichttherapie in Betracht gezogen werden; Bewegung an der frischen Luft minimiert dabei ebenso entsprechende Beschwerden und fördert darüber hinaus auch das Immunsystem; gesunde Ernährung und vor allem die Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren (enthalten beispielsweise in Fischprodukten und Ölen) hemmt depressive Stimmungsphasen.
Versuchen wir also, auch die kalte Jahreszeit (viel im Freien) zu genießen und ihr etwas Gutes abzugewinnen, denn gewiss ist, dass die Herbst-Winterdepression ein saisonales Phänomen ist. Das bedeutet nämlich, dass die Symptome mit zunehmender Sonneneinstrahlung im Frühjahr wieder von selbst verschwinden und wir spätestens im Frühling wieder aktiver sind und uns wieder wohler fühlen.
1 Vgl. Pfleger, Philip: 200.000 Österreicher leiden an Herbstdepression. In: netdoktor.at. Aktualisiert am 23.10.2013.
URL: https://www.netdoktor.at/krankheit/200-000-oesterreicher-leiden-an-herbstdepression-326246 [Stand: 11.11.2020].
2 Vgl. Medizinische Universität Wien: Winterdepression: Wenn zu wenig Licht krank macht. Veröffentlicht am 16.12.2011.
URL: https://www.meduniwien.ac.at/web/ueber-uns/news/detail/winterdepression-wenn-zu-wenig-licht-krank-macht/ [Stand: 11.11.2020].
3 Vgl. Medizinische Universität Wien: Winterdepression: Wenn zu wenig Licht krank macht.
URL: https://www.meduniwien.ac.at/web/ueber-uns/news/detail/winterdepression-wenn-zu-wenig-licht-krank-macht/ [Stand: 11.11.2020].
4 Vgl. Medizinische Universität Wien: Winterdepression: Wenn zu wenig Licht krank macht.
URL: https://www.meduniwien.ac.at/web/ueber-uns/news/detail/winterdepression-wenn-zu-wenig-licht-krank-macht/ [Stand: 11.11.2020].
5 Vgl. Öffentliches Gesundheitsportal Österreich: Neurotransmitter: Botenstoffe im Gehirn. Aktualisiert am 18.08.2016.
URL: https://www.gesundheit.gv.at/krankheiten/psyche/neurotransmitter [Stand: 11.11.2020].
6 Vgl. Öffentliches Gesundheitsprotal Österreich – Lexikon: Serotonin. Botenstoff.
URL: https://www.gesundheit.gv.at/lexikon/s/lexikon-serotonin [Stand: 11.11.2020].
7 Vgl. Medizinische Universität Wien: Winterdepression: Wenn zu wenig Licht krank macht.
URL: https://www.meduniwien.ac.at/web/ueber-uns/news/detail/winterdepression-wenn-zu-wenig-licht-krank-macht/ [Stand: 11.11.2020].
8 Vgl. Medizinische Universität Wien: Winterdepression: Wenn zu wenig Licht krank macht.
URL: https://www.meduniwien.ac.at/web/ueber-uns/news/detail/winterdepression-wenn-zu-wenig-licht-krank-macht/ [Stand: 11.11.2020].
9 Oster, Carmen: Herbst-Winter-Depression. Was tun, wenn es finster wird in der Seele? In: Kleine Zeitung Online. Veröffentlicht am 02.11.2020.
URL: https://www.kleinezeitung.at/lebensart/5891382/HerbstWinterDepression_Was-tun-wenn-es-finster-wird-in-der-Seele [Stand: 11.11.2020].
10 Vgl. Oster, Carmen: Herbst-Winter-Depression. Was tun, wenn es finster wird in der Seele?
URL: https://www.kleinezeitung.at/lebensart/5891382/HerbstWinterDepression_Was-tun-wenn-es-finster-wird-in-der-Seele [Stand: 11.11.2020].
11 Vgl. Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs – Lexikon: Omega-3-Fettsäuren.
URL: https://www.gesundheit.gv.at/lexikon/o/lexikon-omega-drei-fettsaeuren [Stand: 30.11.2020].
12 Vgl. Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs: Depression: Formen & Verläufe. Aktualisiert am 25.06.2019.
URL: https://www.gesundheit.gv.at/krankheiten/psyche/depression/verlauf [Stand: 11.11.2020].
13 Vgl. Oster, Carmen: Herbst-Winter-Depression. Was tun, wenn es finster wird in der Seele?
URL: https://www.kleinezeitung.at/lebensart/5891382/HerbstWinterDepression_Was-tun-wenn-es-finster-wird-in-der-Seele [Stand: 11.11.2020].
Veröffentlicht am: 02.12.2020