Arbeit als wichtiger Faktor für psychisches Wohlbefinden

 

Die Corona-Krise fordert uns nicht nur in medizinischer Hinsicht, sondern auch in Bezug auf eine sozial-ökonomische Komponente. Sie beeinflusst unweigerlich das gesamtglobale Wirtschaftsgeschehen und fordert eine hohe Arbeitslosigkeit. Was nun tun, wenn man dadurch selbst den Job verloren hat und nicht sofort wieder eine neue Stelle findet?

Denn eine feste Arbeitsstelle ist nicht nur ein notwendiger Faktor, um das Leben im Allgemeinen zu finanzieren; sie wirkt sich auch auf das psychische Wohlbefinden aus, und zwar nachhaltig.

Arbeit sorgt nämlich zum einen für einen strukturierten Tag und ermöglicht zum anderen auch das Verwirklichen der persönlichen Fähigkeiten. Herrscht ein gutes Betriebsklima und motivieren uns die zugeteilten Aufgaben, so freuen wir uns auch über Erfolgserlebnisse.1 Fehlt nun ein beruflicher Alltag, steigt neben der finanziellen Belastung auch die psychische, denn die Arbeitslosigkeit und unsere Psyche stehen in einer Wechselwirkung zueinander: Einerseits kann die bereits eingeschränkte Gesundheit leichter zur Arbeitslosigkeit führen, andererseits wirkt sich Arbeitslosigkeit auch negativ auf die Gesundheit aus.2

So wurde beispielsweise in einer groß angelegten Studie, publiziert unter dem Titel Die Arbeitslosen von Marienthal. Ein soziographischer Versuch3 von Marie Jahoda und weiteren Autoren, bereits 1933 Folgendes festgestellt: Arbeitslosigkeit führt zu einer allgemeinen Resignation, zu Trägheit, zu Isolation und zieht nicht zuletzt schwerwiegende Folgen die Psyche betreffend nach sich.4

Man selbst fühlt sich unnütz aufgrund fehlender Ziele und in weiterer Folge ausbleibender Erfolgserlebnisse. Ohne sie sinkt auch unsere Handlungsbereitschaft. Wir ziehen uns infolgedessen mehr und mehr zurück, verlieren unser Selbstvertrauen und die eigene Wertschätzung, haben wegen der nicht vorhandenen Alltagsstruktur kein Zeitgefühl mehr. Zusammengefasst: Wir entwickeln unsere eigene Identität nicht mehr weiter und verlieren sie mit der anhaltenden Arbeitslosigkeit.5 Und nicht nur die Seele wird stark beansprucht, auch unser Körper reagiert auf langanhaltende Arbeitslosigkeit beispielsweise mit einer Erhöhung des Blutdrucks und des Cholesterinspiegels, mit Herz-Kreislauferkrankungen sowie mit zunehmender Schwächung des Immunsystems und infolgedessen mit einer erhöhten Anfälligkeit für Infektionskrankheiten.6

Bedingt durch die Corona-Krise, welche sich unmittelbar auf unsere sozial-ökonomische Struktur ausgewirkt hat, mussten nun auch viele Unternehmen Personalstellen abbauen, um einem Konkurs vorzubeugen. Somit stieg die Arbeitslosenzahl enorm und erreichte im Oktober einen Wert von 69.724 bzw. 19,7 % im Vergleich zum Jahr davor.7 Und in dieser wirtschaftlich angespannten Situation gestaltet sich die berufliche Neuorientierung aufgrund der eben erwähnten Folgen besonders schwierig. Außer Acht gelassen dürfe dabei auch nicht, dass der plötzliche Jobverlust auch mit Schock verbunden sei, so der in Wien praktizierende Klinische- und Gesundheitspsychologe Andreas Fida-Taumer. Es helfe, sich dessen bewusst zu werden, dass es nicht an der eigenen Kompetenz gelegen habe oder man selbst die Schuld am Jobverlust trage. Zudem müsse man sich vor Augen führen, dass auch viele andere Menschen in derselben Situation seien.8

Und wie bewältigt man nun die Zeit ohne Anstellung, um daraus resultierende psychische Krisen zu unterbinden?

Zunächst ist es hilfreich, sich darüber zu informieren, welche Überbrückungshilfen und entsprechende von der Regierung erlassene Maßnahmen in Anspruch genommen werden können. Dieser Schritt wirkt schon dem Gefühl der Hilflosigkeit und plötzlichen Ohnmacht entgegen. Ein Gespräch mit der Familie, mit Freund*innen und Vertrauten hat auch einen positiven Effekt auf die Psyche, denn damit wird verhindert, dass man mit der Trauer und Frustration über den Jobverlust alleine ist. Während man sodann nach einer neuen Stelle sucht, kann auch das Formulieren von Zwischenzielen sehr hilfreich sein; und das Ausüben von alternativen Tätigkeiten, um den Tag weiterhin gut zu strukturieren, wirkt ebenso befriedigend. Nachbarschaftshilfe oder ehrenamtliche Tätigkeiten steigern das Selbstvertrauen – man fühlt sich gebraucht. Und natürlich ist es auch wichtig, dafür zu sorgen, den Alltag abwechslungsreich zu gestalten: Regelmäßige sportliche Aktivitäten wirken befreiend auf den Körper und die Psyche, die Pflege von Kontakten verhindert die soziale Isolation und das Betreiben von Hobbys hellt die Stimmung auf.9

Wie verhält man sich jedoch in solch einer Situation, wenn man bereits mit einer psychischen Erkrankung vorbelastet ist bzw. wenn der Jobverlust/die (länger andauernde) Arbeitslosigkeit in eine psychische Erkrankung mündet?

Gerade für Betroffene ist solch eine Situation noch schwerer zu verdauen, weswegen es umso wichtiger ist, diverse Hilfsmaßnahmen zur beruflichen Rehabilitation und (Re-)Integration österreichweiter psychosozialer Dienste10 in Anspruch zu nehmen. Je früher man nämlich mit einem solchen Hilfsangebot beginnt und damit den beruflichen (Wieder-)Einstieg forciert, umso mehr wird auch die Psyche wieder entlastet, da die positiven Aspekte, welche mit der Beschäftigung einhergehen, auch genauso wohltuend auf die Seele wirken. Demgemäß muss den bereits genannten negativen psychischen Folgeerscheinungen, welche die Arbeitslosigkeit hervorruft, entgegengesteuert werden, denn eine längere Erwerbslosigkeit bedeutet auch eine zusätzliche Belastung für die Seele.11

Somit sollte man auch in scheinbar ausweglosen Situationen, bedingt durch einen plötzlichen Jobverlust oder durch längerfristige Arbeitslosigkeit, nicht den Mut verlieren, sondern weiterhin aktiv bleiben – sowohl hinsichtlich der Jobsuche als auch der Ausübung von sportlichen Betätigungen und Hobbys –, sich den Mitmenschen anvertrauen, womit Probleme gemeinsam gelöst werden können, und nicht aufhören, positiv zu denken. Und früher oder später freut man sich dann auch über eine neue Arbeitsstelle.

 


1 Vgl. Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs: Psychische Belastungen im Berufsleben. Zuletzt aktualisiert am 02.02.2018.
URL: https://www.gesundheit.gv.at/leben/lebenswelt/beruf/psychische-belastung/gesundheit [16.10.2020].

2 Vgl. Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs: Arbeitslosigkeit: Gesundheitliche Auswirkungen. Zuletzt aktualisiert am 09.06.2020.
URL: https://www.gesundheit.gv.at/leben/lebenswelt/beruf/arbeitslosigkeit/auswirkungen [21.10.2020].

3 Jahoda, Marie / Lazarsfeld, Paul F. / Zeisel, Hans: Die Arbeitslosen von Marienthal. Ein soziographischer Versuch. Allensbach und Bonn: edition suhrkamp 1975.

4 Vgl. Ö1: Die Arbeitslosen von Marienthal. Veröffentlicht am 08.04.2017.
URL: https://oe1.orf.at/artikel/213147/Die-Arbeitslosen-von-Marienthal [16.10.2020].

5 Vgl. pro mente steiermark: Working Poor – Hart arbeiten und trotzdem arm sein. In: pro mente austria. Zeitschrift des österreichischen Dachverbands der Vereine und Gesellschaften für psychische und soziale Gesundheit, 3/2010, S. 17.

6 Vgl. Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs: Arbeitslosigkeit: Gesundheitliche Auswirkungen. Zuletzt aktualisiert am 09.06.2020.
URL: https://www.gesundheit.gv.at/leben/lebenswelt/beruf/arbeitslosigkeit/auswirkungen [21.10.2020].

7 Vgl. o.A.: Aktuelle Zahlen für Oktober. Um 70.000 mehr arbeitslose Menschen als im Vorjahr. In: Kleine Zeitung Online. Veröffentlicht am 02.11.2020.
URL: https://www.kleinezeitung.at/wirtschaft/5891106/Aktuelle-Zahlen-fuer-Oktober_Um-70000-mehr-arbeitslose-Menschen [Stand: 03.11.2020].

8 Vgl. Wächter, Ornella: Arbeitslos wegen Corona – was jetzt? In: KURIER. Veröffentlicht am 14.06.2020.
URL: https://kurier.at/wirtschaft/karriere/ploetzlich-arbeitslos-was-jetzt/400936853 [16.10.2020].

9 Vgl. Vgl. Wächter, Ornella: Arbeitslos wegen Corona – was jetzt? In: KURIER. Veröffentlicht am 14.06.2020.
URL: https://kurier.at/wirtschaft/karriere/ploetzlich-arbeitslos-was-jetzt/400936853 [16.10.2020].

10 Informieren Sie sich über unser umfassendes Hilfsangebot zur beruflichen Rehabilitation und (Re-)Integration unter https://www.promentesteiermark.at/ mit weiterführenden Links zu Arbeitstraining »», Berufstraining »», Abklärung der Arbeitsfähigkeit »», Berufliche Orientierungshilfe und Clearing »»,
Individuelle Trainingsmaßnahme »» und Niederschwellige Beschäftigung in den steirischen Regionen »».

11 Vgl. Munz, Dietrich / Unger, Theresa / Klein-Heßling, Johannes: Arbeitslosigkeit und psychische Gesundheit. In: ASU. Zeitschrift für medizinische Prävention. Veröffentlicht am 28.07.2020.
URL: https://www.asu-arbeitsmedizin.com/schwerpunkt/schwerpunkt-die-psychotherapeutische-perspektive-arbeitslosigkeit-und-psychische [16.10.2020].

Bildhinweis: Adobe Stock

Veröffentlicht am: 11.11.2020