Der Schulalltag als unterschätzter Stressfaktor

 

Viele Jugendliche assoziieren mit der Schule vor allem Stress aufgrund des enormen Lernpensums, wegen schlechter Noten und in Bezug auf die Zukunft. Um dieser psychischen Belastung aktiv entgegenzuwirken und den Schulalltag wieder entspannter zu meistern, können einige Tipps hilfreich sein.

Am Montag haben sich zahlreiche Schüler*innen in der Steiermark nach den Sommerferien aufs Neue in den Klassenzimmern eingefunden und viele haben sich schon darauf gefreut, die Klassenkamerad*innen nun wieder regelmäßig zu sehen. Worum die Gedanken nun jetzt auch wieder vermehrt kreisen – Lernstress, Schularbeiten, Leistungsdruck und Konflikte.

Schule als seelische Belastungsprobe

Denn gemäß einer repräsentativen Umfrage fühlen sich ca. 20 % aller österreichischen Schüler*innen stark belastet,1 wie auch der Psychologe und Sozialexperte bei der Diakonie Martin Schenk weiß: „35 % der Schüler*innen mit Schulstress leiden unter Kopfschmerzen, 32 % haben Schlafprobleme, 21 % Bauchschmerzen“2. Wenn sich Stress in diesen Ausprägungen auf die Psyche der Schüler*innen niederschlägt, kann dies auf Dauer krank machen, im schlimmsten Fall schwere körperliche und psychische Folgen nach sich ziehen.3 Doch welche Faktoren sind es im Detail, die im Schulalltag auf die Jugend dermaßen belastend wirken, und wie kann man dagegen vorgehen?

Mehr als nur elterliche Fürsorge

Ein Grund, warum Schüler*innen den Schulalltag als enorm stressig empfinden, ist der, dass sie sich von ihren Eltern häufig stark unter Druck gesetzt fühlen, und zwar fast jede*r Dritte*r in Österreich, wie eine weitere Studie aufzeigt. Vor allem Jugendliche, deren Eltern einen höheren Bildungsabschluss haben, empfinden den Leistungsdruck als äußerst belastend.4 Und Raphaela Kohout, Expertin für Jugendkultur sowie Familien- und Kindheitssoziologie, weiß genau, woran dies liegt: „Schule und Ausbildung nehmen in den Gesprächen daheim einen überaus dominanten Stellenwert ein. Andere Themen, die für Jugendliche relevant sind, geraten dabei in Vergessenheit“5.

Zwar liegt es nahe, dass sich Eltern für die eigenen Kinder eine gute Ausbildung wünschen, damit ihnen hinsichtlich der weiteren beruflichen Laufbahn möglichst viele Türen offenstehen, jedoch geraten dabei die individuellen Begabungen der Kinder häufig in den Hintergrund. Die zu hohen Erwartungen der Eltern führen in weiterer Folge zu Überforderung, Selbstzweifeln und zu einem Motivationsverlust der/des Schüler*in, da sie/er glaubt, den Ansprüchen nicht gerecht werden zu können.6

Was kommt nach der Schule?

In diesem Kontext sind auch die häufig schon im Jugendalter vorhandenen Zukunftssorgen zu betrachten. Eltern drängen in vielen Fällen dazu, gute Schulnoten zu bekommen, da sie „bei schlechteren Noten Angst bekommen, dass die ganze Zukunft verbaut ist. Das hat auch damit zu tun, dass Eltern sich Sorgen machen, ob ihr Kind einen Job bekommen wird“7, wie die in Wien tätige Lerntrainerin Hanna Fiedler erläutert. Und diese Angst, ohne guten Schulabschluss ‚nichts zu erreichen‘, haben auch ca. 46 % aller Schüler*innen in ganz Österreich. Hinzu kommt, dass sie sorgenvoll in die Zukunft blicken, weil sie erleben, wie die Eltern selbst aufgrund beruflicher Vereinnahmung und privater Verpflichtungen stark gestresst sind. Jede*r dritte*r Schüler*in hat deswegen Angst, im Erwachsenenalter nicht ausreichend Zeit für die eigene Familie aufbringen zu können.8

Ein langer Tag in der Schule = Wenig Zeit für Hobbys und Freund*innen

Abgesehen davon gestaltet sich der Tag für Schüler*innen im Generellen relativ kräftezehrend: In der Früh aufstehen, vielleicht noch eine Kleinigkeit frühstücken, und sich schließlich zwischen 7:00 und 8:00 Uhr in der Schulklasse einfinden. Oftmals verbringen sie dann 10 oder 11 Stunden in der Schule, ehe sie abends nach Hause kommen und dann noch Hausaufgaben erledigen, sich auf Schularbeiten vorbereiten oder das Referat ausarbeiten müssen. Dabei bleibt kaum noch Zeit für das Ausüben von Hobbys oder das Pflegen von sozialen Kontakten.9

Die Psyche leidet enorm

Diese Aspekte sowie zusätzlich noch mögliche Konflikte mit Mitschüler*innen und/oder Lehrer*innen sowie interfamiliäre Probleme führen dazu, dass gestresste Schüler*innen neben psychosomatischen Symptomen auch unter allgemeiner Nervosität, Gereiztheit sowie Aggressivität leiden. Im schlimmsten Fall entwickeln sie Ängste und Essstörungen oder sie leiden an depressiven Verstimmungen.10 Deswegen ist es von äußerster Notwendigkeit, dass Eltern die körperlichen und psychischen Symptome ihrer Kinder, welche auf eine Überbelastung hindeuten, ernst nehmen und abseits der Schule entsprechend unterstützend agieren:11

  • Das Kind in den eigenen Fähigkeiten bestärken sowie dessen Selbstbestimmtheit fördern
  • Die eigenen Erwartungen senken
  • Lern-Tricks gemeinsam erarbeiten
  • Ein angenehmes und ruhiges Lernklima schaffen
  • (Lern-)Pausen festlegen
  • Die Schule nicht ständig thematisieren

Und was können Schüler*innen selbst unternehmen, um Schulstress zu mindern?

Damit der Schulalltag leichter gemeistert werden kann und mehr Zeit für Hobbys, Familie und Freund*innen bleibt, können die nachstehenden Tipps hilfreich sein:12

  • Lernen, wie man richtig lernt
    Zahlreiche Lerntechniken helfen dabei, effektiver und schneller zu lernen. Hier gilt es, die für sich passende Methode zu finden. Daneben hilft bereits ein geordneter Lernplatz, die Übersicht über die zu erledigenden Dinge zu bewahren. Das regelmäßige Erledigen von Hausaufgaben sowie eine zeitnahe Vorbereitung auf Prüfungen verhindert die Entstehung von Stress.
  • Stressbewältigungstechniken anwenden
    Vielfältige Stressbewältigungsstrategien13 können dabei helfen, psychische Belastungen die Schule betreffend zu reduzieren. Ob Atem- oder Aufmerksamkeitsübungen, Yoga oder Meditationsmethoden – es gilt, die richtige Technik für sich selbst zu finden.
  • Mehr Freizeit in der Freizeit
    Nach einem stressigen Schultag sollte nicht auch noch die gesamte Freizeit terminlich verplant sein. Hobbys und ‚Quality time‘ mit der Familie und Freund*innen müssen im Alltag genauso Platz finden.
  • Gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung
    Eine ausgewogene Ernährung sowie regelmäßige Sport- und Bewegungseinheiten unterstützen Körper und Psyche in stressigen Phasen.
  • Darüber reden
    Wenn alles zu viel wird, dann ist es besonders wichtig, sich anderen anzuvertrauen, um neue Sichtweisen in scheinbar ausweglosen Situationen zu entwickeln. Neben Familie und Freund*innen stehen dabei auch schulpsychologische Beratungsstellen zur Verfügung.

Stressige Phasen während des Schuljahres sind nicht immer zu vermeiden. Von Wichtigkeit ist es dann, sich gut zu organisieren sowie zeitnahe auf Prüfungen etc. vorzubereiten. Auch der Stress von außen muss reduziert werden, wobei eine offene Kommunikationskultur hilfreich sein kann. Kinder sollten den Eltern die Notwendigkeit aufzeigen, von ihnen unterstützt anstatt unter Druck gesetzt zu werden. Und können noch genügend entspannende Momente sowie eine nach persönlichen Vorlieben individuell gestaltete Freizeit in den Alltag integriert werden, steht einem erfolgreichen Schuljahr mit weniger psychischen Belastungen schließlich nichts mehr im Wege.

 


1 Vgl. Rastl, Roberta: Diakonie hilft bei Schulstress: 32 % der Schüler haben Schlafprobleme, 21 % haben Bauchschmerzen. In: ots.at. Veröffentlicht am 10.02.2020.
URL: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20200210_OTS0039/diakonie-hilft-bei-schulstress-32-der-schueler-haben-schlafprobleme-21-haben-bauchschmerzen [Stand: 27.07.2022].

2 Rastl, Roberta: Diakonie hilft bei Schulstress: 32 % der Schüler haben Schlafprobleme, 21 % haben Bauchschmerzen.
URL: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20200210_OTS0039/diakonie-hilft-bei-schulstress-32-der-schueler-haben-schlafprobleme-21-haben-bauchschmerzen [Stand: 27.07.2022].

3 Vgl. Oberberg Kliniken: Schulstress: Symptome, Auswirkungen & Tipps zum Abbau. In: oberbergkliniken.de.
URL: https://www.oberbergkliniken.de/artikel/schulstress-abbauen-symptome-auswirkungen-tipps [Stand: 27.07.2022].

4 Vgl. mpm: Jugend: Viel Leistungsdruck, wenig Rückhalt. In: dieprese.com. Veröffentlicht am 09.05.2019.
URL: https://www.diepresse.com/5625523/jugend-viel-leistungsdruck-wenig-rueckhalt [Stand: 27.07.2022].

5 mpm: Jugend: Viel Leistungsdruck, wenig Rückhalt.
URL: https://www.diepresse.com/5625523/jugend-viel-leistungsdruck-wenig-rueckhalt [Stand: 27.07.2022].

6 Vgl. Oberberg Kliniken: Schulstress: Symptome, Auswirkungen & Tipps zum Abbau.
URL: https://www.oberbergkliniken.de/artikel/schulstress-abbauen-symptome-auswirkungen-tipps [Stand: 27.07.2022].

7 ub: Schule: Was tun gegen den Leistungsdruck? In: kurier.at. Veröffentlicht am 24.05.2018.
URL: https://kurier.at/leben/schule-was-tun-gegen-den-leistungsdruck/400040497 [Stand: 27.07.2022].

8 Vgl. mpm: Jugend: Viel Leistungsdruck, wenig Rückhalt.
URL: https://www.diepresse.com/5625523/jugend-viel-leistungsdruck-wenig-rueckhalt [Stand: 27.07.2022].

9 Vgl. Lammerding, Franzis / Roll, Max: Schulstress schlägt auf die Psyche. In: wn.de. Aktualisiert am 20.10.2017.
URL: https://www.wn.de/muensterland/kreis-steinfurt/steinfurt/schulstress-schlagt-auf-die-psyche-1404925 [Stand: 27.07.2022].

10 Vgl. Oberberg Kliniken: Schulstress: Symptome, Auswirkungen & Tipps zum Abbau.
URL: https://www.oberbergkliniken.de/artikel/schulstress-abbauen-symptome-auswirkungen-tipps [Stand: 27.07.2022].

11 Vgl. Rastl, Roberta: Diakonie hilft bei Schulstress: 32 % der Schüler haben Schlafprobleme, 21 % haben Bauchschmerzen.
URL: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20200210_OTS0039/diakonie-hilft-bei-schulstress-32-der-schueler-haben-schlafprobleme-21-haben-bauchschmerzen [Stand: 27.07.2022] und
vgl. pro mente Austria: Schulstress muss nicht sein – 5 praktische Tipps. In: erstehilfefuerdieseele.at. Veröffentlicht am 15.09.2020.
URL: https://www.erstehilfefuerdieseele.at/blog/schulstress-muss-nicht-sein-5-praktische-tipps/ [Stand: 27.07.2022].

12 Vgl. Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs: Entspannt in der Schule. Aktualisiert am 06.05.2019.
URL: https://www.gesundheit.gv.at/leben/lebenswelt/schule/schulpsychologie/entspannung-schule.html [Stand: 27.07.2022] und
vgl. Oberberg Kliniken: Schulstress: Symptome, Auswirkungen & Tipps zum Abbau.
URL: https://www.oberbergkliniken.de/artikel/schulstress-abbauen-symptome-auswirkungen-tipps [Stand: 27.07.2022].

13 Erhalten Sie Tipps zu diversen Stressbewältigungsstrategien in unserem Blogbeitrag vom 29.09.2021 Strategien zur Stressbewältigung im Alltag »» 

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Veröffentlicht am: 14.09.2022