Die (un)gesunde Wahrheit – Ernährungsmythen auf dem Prüfstand

 

Um gängige Nahrungsmittel wie Wasser, Kaffee, Eier und Zucker gibt es viele Mythen, die diesen Produkten eine gesunde bzw. ungesunde Wirkung zuschreiben. Doch welche Behauptungen sind wirklich wissenschaftlich belegt?

Wir alle kennen sie – die ein oder andere Geschichte zu verschiedensten Lebensmitteln, welche scheinbar uneingeschränkt genossen werden dürfen, weil sie eben gesund sind, und natürlich auch Erzählungen zu Nahrungsgruppen, welche dabei keine besonders ‚gute Figur‘ machen. Aber auch nach zahlreichen Recherchen scheint man immer noch nicht schlauer, was uns, unserem Körper und unserer Seele nun wirklich guttut und was langfristig Schaden verursachen könnte.

Unaufhörlich und beinahe täglich werden nämlich neue Studien in Fachmagazinen publiziert, welche sich im direkten Vergleich häufig widersprechen, sodass sich Konsument*innen immerfort fragen müssen, was nun tatsächlich gesund und was eher ungesund ist.1 Obwohl in vielerlei Hinsicht noch Uneinigkeit hinsichtlich der (weniger) gesundheitsfördernden Eigenschaften von ausgewählten Lebensmitteln herrscht, so gelten etliche Aussagen gleichzeitig als wissenschaftlich belegt und damit gesichert. Interessanterweise halten sich zu manchen Nahrungsmitteln und speziell zu den Grundnahrungsmitteln jedoch hartnäckige Behauptungen, obwohl diese schon lange als überholt gelten. Aber welche Mythen sind nun tatsächlich wahr und welche falsch?

Grundnahrungsmittel und ihre Wirkung auf Körper und Seele

Wasser, Eier, Kaffee und Zucker – um sie ranken sich einige der bekanntesten Behauptungen, welche sich schon vor langer Zeit als wahr oder als schlichtweg unwahr herausgestellt haben. Und trotzdem scheinen die alten Aussagen immer noch präsent zu sein. Doch was stimmt nun tatsächlich?

Viel Wasser trinken, aber Kaffee meiden – stimmt das?

Beginnend mit dem für den Menschen wichtigsten Element, dem Wasser, gibt es viele ernährungswissenschaftliche Vorgaben, wie viel Flüssigkeit täglich zu sich genommen werden soll. Mindestens 2 Liter sollen es sein,2 denn ansonsten verringert sich auf lange Sicht die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit und im schlimmsten Fall droht eine Dehydrierung mit Verwirrungszuständen bis hin zur Ohnmacht.3 Unbestritten ist, dass der menschliche Körper genügend Wasser braucht, um lebenswichtige Funktion aufrechtzuerhalten, allerdings sind Ökotropholog*innen4 mittlerweile der Ansicht, dass der Bedarf an täglicher Flüssigkeitszufuhr individuell abhängig ist und demnach auch für jede Person mit einer Gleichung5 eigens berechnet werden sollte. Betreibt man allerdings regelmäßig Sport oder befindet man sich in einem Erkältungszustand mit hohem Fieber, dann sollte aufgrund des Wasserverlustes mehr Flüssigkeit als berechnet zugeführt werden.6

Apropos Flüssigkeitsverlust: Kaffee soll dem Körper Wasser entziehen, doch auch dieser Mythos stimmt so nicht ganz. Mehrere Untersuchungen konnten zeigen, dass der Kaffeegenuss genauso in die tägliche Flüssigkeitsbilanz miteinzuberechnen ist. Mehr als 4 Tassen täglich und damit etwa 250 mg Koffein sollten jedoch nicht verzehrt werden,7 da ansonsten das Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung steigen könnte.8 Auch die Psyche profitiert von der eben erwähnten maximalen Menge an Koffein, denn zum einen erhöhen sich durch den Konsum die Leistungsfähigkeit und Aufmerksamkeit, zum anderen gehen Wissenschaftler*innen davon aus, dass Kaffee in Maßen genossen vor Stimmungsschwankungen schützen kann und damit eine stabilisierende Wirkung auf das psychisch Wohlbefinden ausübt, während eine zu große Menge eher negativen Einfluss hat.9

Eier erhöhen den Cholesterin-Wert – wahr oder falsch?

Eine weitere Behauptung, die bis heute noch besteht, ist jene, dass Eier ungesund sind, zu viel Fett und vor allem zu viel Cholesterin enthalten. Tatsächlich zählt das Hühnerei zu den gesündesten Lebensmitteln, da das enthaltene Protein höchste biologische Wertigkeit besitzt und das Ei im Generellen viele wichtige Nährwerte enthält, nämlich zahlreiche Mineralstoffe wie Eisen und Zink, jede Menge Vitamine wie Vitamin E oder B5 sowie Aminosäuren und davon alle essenziellen.10 Vor allem die Aminosäure Tryptophan wirkt dabei positiv auf die Psyche: Tryptophan ist einerseits für die Stabilisierung des Serotoninspiegels verantwortlich, denn diese Aminosäure wird im Körper zu einem stimmungsaufhellenden Hormon umgewandelt. Zum anderen wirkt es positiv auf den Schlaf-Wach-Rhythmus.11 Im Ei enthalten ist auch Lecithin, welches nicht nur verschiedenste Organe schützt und die Konzentrations- sowie Gedächtnisleistung verbessert, sondern auch verhindert, dass das im Eigelb vorhandene Cholesterin in die Darmwand und damit in den Körper gelangt. Somit wird der Verzehr eines Eis pro Tag als gesund eingestuft.12

Fruchtzucker und Honig sind ein gesunder Ersatz für Industriezucker – ist das richtig?

Rund um Zucker ranken sich viele Mythen, die unter Lai*innen immer noch diskutiert werden, in der Wissenschaft jedoch schon lange als wahr oder falsch gelten. Für eine entsprechende Einteilung muss Zucker in herkömmlichen Haushaltszucker (Industriezucker) und in Glukose gegliedert werden: Letztere benötigt der Körper für die Muskulatur und das Gehirn und findet sich in natürlicher Form beispielsweise in Kartoffeln, Gemüse oder Fleisch, womit sie auch in ausreichenden Mengen dem Körper zugeführt wird. Haushaltszucker, der in vielen Lebensmitteln (auch versteckt) vorkommt, stellt für uns allerdings leere Kalorien dar, sodass man bei einem übermäßigen Konsum an Gewicht zulegt. Zudem führt er zu Bluthochdruck und erhöht das Risiko, an Diabetes zu erkranken.13 Des Weiteren wird ihm nachgesagt, auch die Psyche nachteilig zu beeinflussen. Ein täglicher zu hoher Zuckerkonsum soll nämlich das Risiko erhöhen, innerhalb weniger Jahre an Depressionen zu erkranken oder eine Angststörung zu entwickeln.14

Als adäquater Zuckerersatz sollen deswegen Fruchtzucker und Honig gelten, denn sie sind ja natürliche Produkte ohne Zugabe von Industriezucker. Doch auch dieser Mythos kann nicht verifiziert werden: Fruchtzucker, der in seiner ursprünglichen Form in Obst vorkommt, hat genauso viele Kalorien wie Haushaltszucker und kann bei übermäßigem Verzehr abführend wirken und Übelkeit verursachen.15 Mittlerweile raten Ernährungsexpert*innen zu maximal zwei Portionen Obst am Tag und statt zu Bananen oder Trauben, welche einen hohen Fruchtzuckeranteil aufweisen, sollte man eher zu Beeren greifen.16 Auch das immer noch gute Image von Honig ist gemäß wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht gerechtfertigt, denn er enthält fast genauso viele Kalorien wie herkömmlicher Haushaltszucker, regt den Appetit zusätzlich an und schadet aufgrund der klebrigen Konsistenz den Zähnen. Die im Honig enthaltenen Mengen an Vitaminen, Mineralstoffen und entzündungshemmenden Enzymen sind wegen ihres geringen Anteils zu vernachlässigen. Weil diese Inhaltsstoffe beim Erhitzen von über 40° C dann zur Gänze verlorengehen, sind auch die berühmte heiße Milch mit Honig sowie der Honig im heißen Tee wirkungslos gegen diverse Beschwerden. Am ehesten wirkt Honig bei Heiserkeit und Husten gesundheitsfördernd – in diesem Fall sollte man Honig pur mit einem Löffel zuführen und die Masse langsam auf der Zunge zergehen lassen, um eine Linderung der Symptome zu erzielen.17

Diese wenigen Beispiele von unzähligen weiteren Ernährungsratschlägen, -tipps und -mythen zeigen, dass in der Ernährungswissenschaft laufend neue Erkenntnisse alte Empfehlungen relativieren und sogar negieren. Weil Nahrung aber die Grundlage des Lebens darstellt und sie sowohl positive wie auch negative Effekte auf die körperliche und psychische Gesundheit hat,18 muss der Wissensstand stetig aktualisiert werden. Somit ist es auch nicht verwunderlich, dass sich aufgrund der Vielzahl an Behauptungen und an überarbeiteten Erkenntnissen auch viele dahin gehend unsicher sind, was nun gegessen werden soll und was nicht. Der in der Schweiz tätige Ernährungsexperte Paolo Colombani rät deswegen zu folgendem Ernährungsverhalten: „Vermeide Extreme, vergiss Nährstoffe und genieße Nahrungsmittel, also das Essen“19, denn „Menschen essen Nahrungsmittel und nicht einzelne Nährstoffe“20. Er plädiert demnach für eine ausgewogene Ernährung – also von Allem etwas – sowie für den Genuss von Lebensmitteln. Denn unbestritten ist, dass dies einen der wichtigsten Grundsteine für körperliche und psychische Gesundheit darstellt.

 


1 Vgl. Türk, Marietta: Über das Entlarven von Ernährungsirrtümern. In: derstandard.at. Veröffentlicht am 08.04.2010.
URL: https://www.derstandard.at/story/1269449112516/genauer-betrachtet-ueber-das-entlarven-von-ernaehrungsirrtuemern [Stand: 29.07.2021].

2 Vgl. Iconist-Redaktion: Diese zehn Ernährungsmythen sind schlichtweg falsch. In: welt.de. Veröffentlicht am 02.08.2017.
URL: https://www.welt.de/icon/service/article167205466/Diese-zehn-Ernaehrungsmythen-sind-schlichtweg-falsch.html [Stand: 29.07.2021].

3 Vgl. red: Was im Körper passiert, wenn der Mensch zu wenig trinkt. In: derstandard.at. Veröffentlicht am 13.01.2017.
URL: https://www.derstandard.at/story/2000050681629/was-im-koerper-passiert-wenn-der-mensch-zu-wenig-trinkt [Stand: 29.07.2021].

4 Bei der Ökotrophologie handelt es sich um eine Wissenschaftsdisziplin, welche die Ernährungs- und Haushaltswissenschaften umfasst. Berufsausübende verfügen neben dem naturwissenschaftlichen Wissen zu Ernährung auch über Fachkenntnisse hinsichtlich psycho-soziologischer sowie ökonomischer Faktoren das Essen und die Ernährung betreffend.
Vgl. dazu AMS Berufslexikon: Ökotrophologe/Ökotrophologin.
URL: https://www.berufslexikon.at/berufe/2610-Oekotrophologe~Oekotrophologin/ [Stand: 29.07.2021].

5 Der tägliche Flüssigkeitsbedarf ist dabei vom Körpergewicht abhängig. Dieses wird mit 0,03 multipliziert, um die individuell benötigte Menge zu eruieren.
Vgl. dazu Iconist-Redaktion: Diese zehn Ernährungsmythen sind schlichtweg falsch.
URL: https://www.welt.de/icon/service/article167205466/Diese-zehn-Ernaehrungsmythen-sind-schlichtweg-falsch.html [Stand: 29.07.2021].

6 Vgl. Iconist-Redaktion: Diese zehn Ernährungsmythen sind schlichtweg falsch.
URL: https://www.welt.de/icon/service/article167205466/Diese-zehn-Ernaehrungsmythen-sind-schlichtweg-falsch.html [Stand: 29.07.2021].

7 Vgl. Iconist-Redaktion: Diese zehn Ernährungsmythen sind schlichtweg falsch.
URL: https://www.welt.de/icon/service/article167205466/Diese-zehn-Ernaehrungsmythen-sind-schlichtweg-falsch.html [Stand: 29.07.2021].

8 Vgl. Apfel, Petra: Wem Kaffee guttut – und wem nicht. In: focus.de. Veröffentlicht am 28.05.2021.
URL: https://www.focus.de/gesundheit/ernaehrung/gesundessen/herz-hirn-und-psyche-wem-kaffee-guttut-und-wem-nicht_id_11516505.html [Stand: 29.07.2021].

9 Vgl. Küster, Yvonne: Koffein. In: focus-arztsuche.de. Veröffentlicht am 19.03.2021.
URL: https://focus-arztsuche.de/magazin/ernaehrung/so-wirkt-koffein-im-koerper [Stand: 29.07.2021].

10 Vgl. Klante, Iris: Den 7 größten Ernährungsmythen auf der Spur. In: akademie-sport-gesundheit.de.
URL: https://www.akademie-sport-gesundheit.de/magazin/den-7-groessten-ernaehrungsmythen-auf-der-spur.html [Stand: 29.07.2021].

11 Vgl. o.A.: 8 Lebensmittel, die glücklich machen – und 3, auf die Sie besser verzichten sollten. In: focus.de.
URL: https://www.focus.de/gesundheit/ernaehrung/essen-fuer-die-psyche-8-lebensmittel-die-gluecklich-machen-und-3-auf-die-sie-verzichten-sollten_id_10325162.html [Stand: 29.07.2021].

12 Vgl. Klante, Iris: Den 7 größten Ernährungsmythen auf der Spur.
URL: https://www.akademie-sport-gesundheit.de/magazin/den-7-groessten-ernaehrungsmythen-auf-der-spur.html [Stand: 29.07.2021].

13 Vgl. Fieber, Tanja: Warum viel Zucker ein Problem ist. In: planet-wissen.de. Veröffentlicht am 07.02.2018.
URL: https://www.planet-wissen.de/gesellschaft/lebensmittel/zucker/zucker-ernaehrung-ernaehrungsprotokoll-100.html [Stand: 29.07.2021].

14 Vgl. Leitner, Michael: Macht uns Zucker depressiv? In: gesund.at. Aktualisiert am 31.05.2019.
URL: https://www.gesund.at/ernaehrung/zucker-psychische-probleme/ [Stand: 29.07.2021].

15 Vgl. Iconist-Redaktion: Diese zehn Ernährungsmythen sind schlichtweg falsch.
URL: https://www.welt.de/icon/service/article167205466/Diese-zehn-Ernaehrungsmythen-sind-schlichtweg-falsch.html [Stand: 29.07.2021].

16 Vgl. Klante, Iris: Den 7 größten Ernährungsmythen auf der Spur.
URL: https://www.akademie-sport-gesundheit.de/magazin/den-7-groessten-ernaehrungsmythen-auf-der-spur.html [Stand: 29.07.2021].

17 Vgl. Klante, Iris: Den 7 größten Ernährungsmythen auf der Spur.
URL: https://www.akademie-sport-gesundheit.de/magazin/den-7-groessten-ernaehrungsmythen-auf-der-spur.html [Stand: 29.07.2021].

18 Vgl. Klante, Iris: Den 7 größten Ernährungsmythen auf der Spur.
URL: https://www.akademie-sport-gesundheit.de/magazin/den-7-groessten-ernaehrungsmythen-auf-der-spur.html [Stand: 29.07.2021].

19 Vgl. Türk, Marietta: Über das Entlarven von Ernährungsirrtümern.
URL: https://www.derstandard.at/story/1269449112516/genauer-betrachtet-ueber-das-entlarven-von-ernaehrungsirrtuemern [Stand: 29.07.2021].

20 Vgl. Türk, Marietta: Über das Entlarven von Ernährungsirrtümern.
URL: https://www.derstandard.at/story/1269449112516/genauer-betrachtet-ueber-das-entlarven-von-ernaehrungsirrtuemern [Stand: 29.07.2021].

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Veröffentlicht am: 08.09.2021