Die Einflüsse der Biodiversität auf das Wohlbefinden

 

Grünes Blattwerk, Vogelgezwitscher, das Rauschen eines Baches – die biologische Umwelt nimmt großen Einfluss auf unser körperliches und psychisches Wohlbefinden, ohne dass wir dies bewusst wahrnehmen. Doch was genau ist dafür verantwortlich?

Obwohl die Natur einen wesentlichen Teil unserer Lebensgrundlage darstellt, wird sie viel zu wenig beachtet. Ein genauerer Blick lohnt sich aber, denn speziell Österreich stellt mit der Vielfalt an landschaftlichen Ausprägungen sowie mit einem Reichtum an Lebensräumen für Flora und Fauna eines der artenreichsten Länder Mitteleuropas dar.1 Was zunächst positiv klingen mag, muss jedoch relativiert werden, denn ebenso gilt etwa ein Drittel der in Österreich lebenden Wirbeltierarten als gefährdet, genauso 40 % der Farn- und Blütenpflanzen. Und diese Bedrohung geht hauptsächlich von uns Menschen aus: Obwohl wir von der Natur abhängig sind – sie liefert uns Wasser, Luft, Energie und Nahrung sowie wertvolle Ressourcen beispielsweise für Textilien oder Medikamente –, sorgen wir gleichzeitig dafür, dass Flächen und Lebensräume immer stärker urbanisiert, die Luft, Gewässer oder Böden durch Schadstoffe verschmutzt werden, das Klima durch die Emission von Treibhausgasen beeinflusst wird und die eben erwähnten Ressourcen ausgebeutet werden.2

Dass die Biodiversität – die biologische Vielfalt – uns jedoch auch schützt (beispielsweise vor Überschwemmungen oder Bodenerosionen),3 gerät dennoch immer wieder in Vergessenheit. Und auch ihr Einfluss auf unser körperliches und seelisches Wohlbefinden wird unterschätzt.

Dabei sorgt die Natur für mehr Gesundheit im Allgemeinen.

Unterschiedliche Faktoren die Natur betreffend bilden nämlich unterstützende Elemente hinsichtlich unseres Wohlbefindens, weswegen ihr eine große Bedeutung dahin gehend zukommt. Differenziert wird zwischen einem gesundheitsschützenden und dem gesundheitsfördernden Potenzial.4

Das gesundheitsschützende Potenzial, welches von der Natur und im Speziellen von der vielfältigen Flora ausgeht, zeigt sich durch eine andauernde Schadstofffilterung sowie -umwandlung. Auch eine Abschwächung bzw. Regulierung von Lärm (vorwiegend in urbanen Gebieten) ermöglicht die gegebene biologische Umwelt. Nicht zuletzt sorgt die Natur für einen klimaökologischen Ausgleich, indem beispielsweise Hitze- oder Kälteextreme gemindert werden.5

Naturräume vermögen auch eine individuelle körperliche Verbesserung. Der bewusste Aufenthalt in der Natur, sowohl in ländlichen als auch städtischen Gebieten, wirkt sich nachweislich positiv auf das Herz-Kreislauf-System aus: Durch das Naturerlebnis, beispielsweise in Form eines Spazierganges, kann der Blutdruck gesenkt werden. Lebt man sogar in ländlicher Umgebung mit mannigfaltiger Flora und Fauna, so wird das Risiko, an Diabetes oder an Krebs zu erkranken, gemindert. Dies könnte auch damit in Zusammenhang stehen, dass die Natur eher Anreiz dafür bietet, sich sportlich mehr zu betätigen bzw. verschiedenen Outdoor-Aktivitäten nachgehen zu wollen.6

Auch die Psyche profitiert von der Biodiversität.

Neben dem positiven Effekt auf das Herz-Kreislauf-System wirkt sich die Natur auch auf den Kortisol-Spiegel aus, indem Stresshormone abgebaut werden. Dies entspricht der sogenannten Attention-Restoration-Theory, gemäß welcher das Naturerlebnis für kognitive Erholung sorgt. Auch die intensive Wahrnehmung der natürlichen Umwelt nimmt auf die Stimmung Einfluss. Psychische Belastungen werden gemildert, die Laune hebt sich, womit der Aufenthalt in der Natur für einen ausgleichenden Effekt und für Wohlbefinden sorgt.7

Studien belegen zudem die positive Wirkung der biologischen Vielfalt auf einzelne Krankheitsbilder: Angststörungen sowie depressive Symptome scheinen demnach weniger häufig bei jenen Menschen aufzutreten, welche in grüner Umgebung wohnen. Auch hier wurde bei Proband*innen ein geringerer Stresslevel festgestellt.8

Außerdem sollen erholsame sowie stressmildernde Wirkungsmechanismen in Gang gesetzt werden, wenn verschiedene Arten von Gewässern – der direkte Anblick oder der Aufenthalt in der Nähe solcher Naturphänomene – erlebt werden.9

Die Natur beeinflusst aber auch unser soziales Wohlbefinden, was auf Körper und Psyche Auswirkungen hat.

Sind nämlich öffentliche und frei zugängliche Räume in der Natur gegeben, so wirkt sich das auch positiv auf das Sozialverhalten aus. Für Vorgänge wie das Schließen von Kontakten oder die Pflege von Beziehungen werden entsprechende Anlagen in der freien Natur deshalb als bedeutend eingestuft. Mit Grünanlagen vorrangig im städtischen Bereich gehen auch soziale Inklusionen einher, denn in Parks oder Freizeitstätten findet eine Begegnung zwischen unterschiedlichen sozialen Gruppen statt, die auch das Gemeinschaftsgefüge im Generellen stärkt und wiederum für mehr Wohlbefinden sorgt.10

Deswegen muss es auch Ziel sein, die Biodiversität aufrechtzuerhalten.

Verschiedenste Faktoren zur Aufrechterhaltung der biologischen Vielfalt sollten daher vor allem im städtischen Bereich umgesetzt werden, um zum einen die Lebensräume der Flora und Fauna zu schützen bzw. zu bewahren und um zum anderen die gesundheitsfördernden Potenziale bestmöglich zu nutzen. Wichtig ist zunächst eine gute Erreichbarkeit solcher Gebiete; im Idealfall sollte dabei auch kein Fahrzeug vonnöten sein. Außerdem sollen sich Menschen begegnen können, um soziale Bedürfnisse zu befriedigen, aber auch wiederum die Möglichkeit haben, die Natur zu erleben und somit auch physischen sowie psychischen Nutzen aus dem Aufenthalt in der Natur zu ziehen.11

Speziell im urbanen Bereich müssten all diese Faktoren berücksichtigt werden, um von der positiven Wirkung der Natur zu profitieren. Obwohl eine zunehmende Nutzung von Flächen in größeren Besiedelungsgebieten sowie Ballungszentren aufgrund der steigenden Population kaum bis gar nicht aufzuhalten sein wird, so sollte ein Bewusstsein für die wichtigen Mechanismen der Biodiversität geschaffen und dies auch bei der Planung berücksichtigt werden. Indem entsprechende Naturräume geschaffen werden, die einerseits den Lebensraum der Tier- und Pflanzenwelt gewährleisten und die es andererseits ermöglichen, das Wohlbefinden der Bevölkerung aufrechtzuerhalten, wird auch ein wichtiger Beitrag zur fortwährenden und intakten Wechselwirkung zwischen Umwelt und Mensch geleistet.

 


1 Vgl. Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs: Natur erleben: Mensch und Umwelt. Zuletzt aktualisiert am 24.05.2017.
URL: https://www.gesundheit.gv.at/leben/umwelt/natur/mensch [Stand: 27.04.2021].

2 Vgl. Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs: Natur erleben: Mensch und Umwelt.
URL: https://www.gesundheit.gv.at/leben/umwelt/natur/mensch [Stand: 27.04.2021].

3 Vgl. Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie: Biologische Vielfalt.
URL: https://www.bmk.gv.at/themen/klima_umwelt/naturschutz/biol_vielfalt/biol_vielfalt.html [Stand: 27.04.2021].

4 Vgl. Claßen, Thomas / Bunz, Maxie: Einfluss von Naturräumen auf die Gesundheit – Evidenzlage und Konsequenzen für Wissenschaft und Praxis. In: Springer Link. Veröffentlicht am 16.05.2018.
URL: https://link.springer.com/article/10.1007/s00103-018-2744-9 [Stand: 27.04.2021].

5 Vgl. Claßen, Thomas / Bunz, Maxie: Einfluss von Naturräumen auf die Gesundheit – Evidenzlage und Konsequenzen für Wissenschaft und Praxis.
URL: https://link.springer.com/article/10.1007/s00103-018-2744-9 [Stand: 27.04.2021].

6 Vgl. Claßen, Thomas / Bunz, Maxie: Einfluss von Naturräumen auf die Gesundheit – Evidenzlage und Konsequenzen für Wissenschaft und Praxis.
URL: https://link.springer.com/article/10.1007/s00103-018-2744-9 [Stand: 27.04.2021].

7 Vgl. Claßen, Thomas / Bunz, Maxie: Einfluss von Naturräumen auf die Gesundheit – Evidenzlage und Konsequenzen für Wissenschaft und Praxis.
URL: https://link.springer.com/article/10.1007/s00103-018-2744-9 [Stand: 27.04.2021].

8 Vgl. Claßen, Thomas / Bunz, Maxie: Einfluss von Naturräumen auf die Gesundheit – Evidenzlage und Konsequenzen für Wissenschaft und Praxis.
URL: https://link.springer.com/article/10.1007/s00103-018-2744-9 [Stand: 27.04.2021].

9 Vgl. Claßen, Thomas / Bunz, Maxie: Einfluss von Naturräumen auf die Gesundheit – Evidenzlage und Konsequenzen für Wissenschaft und Praxis.
URL: https://link.springer.com/article/10.1007/s00103-018-2744-9 [Stand: 27.04.2021].

10 Vgl. Claßen, Thomas / Bunz, Maxie: Einfluss von Naturräumen auf die Gesundheit – Evidenzlage und Konsequenzen für Wissenschaft und Praxis.
URL: https://link.springer.com/article/10.1007/s00103-018-2744-9 [Stand: 27.04.2021].

11 Vgl. Claßen, Thomas / Bunz, Maxie: Einfluss von Naturräumen auf die Gesundheit – Evidenzlage und Konsequenzen für Wissenschaft und Praxis.
URL: https://link.springer.com/article/10.1007/s00103-018-2744-9 [Stand: 27.04.2021].

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Veröffentlicht am: 02.06.2021